Mütter und Töchter (2009) | Filmkritik

Mütter und Töchter

Physiotherapeutin Karen (Annette Bening) hadert seit ihren Teenage-Jahren mit sich selbst: Mit 14 wurde sie schwanger, ihre Eltern zwangen sie zur Adoptionsfreigabe des kleinen Mädchens. Und genau das konnte sie sich nie verzeihen. Täglich schreibt sie Briefe an ihre Tochter und lebt hinter einem eisigen Schutzwall, der sie vom Leben und anderen Menschen abseits der eigenen, pflegebedürftigen Mutter fernhält.

Dabei ist ihre Tochter ganz nah. Elizabeth (Naomi Watts), eine erfolgreiche Anwältin, zieht es trotz ihres ewigen Nomadendaseins immer wieder in ihre Heimat, wo sie in der Anwaltskanzlei von Paul (Samuel L. Jackson) eine neue Stelle antritt.

Die beiden fühlen sich vom ersten Moment an voneinander angezogen, teilen schon bald Richtertisch und Bett miteinander. Elizabeth wird, obwohl sie mit 17 Jahren eine Sterilisation in Mexiko vornehmen ließ, schwanger und verlässt, ohne Paul darüber zu informieren, abrupt die Stadt.

In anderen, wenngleich weniger dramatischen Umständen wäre Lucy (Kerry Washington) ebenso gern. Ihr Mann und sie hoffen seit Jahren auf ein Kind, doch Lucy ist unfruchtbar. Adoption als letzte Chance auf ein glückliches Familienleben ansehend, kämpft sich das Ehepaar durch den schwierigen Prozess und zerbricht letztlich daran. Lucy aber will nicht aufgeben: Das Muttersein, so ist sie sich sicher, ist ihre Bestimmung im Leben.

Die Lebensgeschichten dieser drei eigenwilligen Frauen, die nichts voneinander wissen, laufen zunächst sachte nebeneinanderher und kollidieren schließlich aufs Ärgste miteinander. Denn Liebe, Tod und sogar neues Leben liegen, so zeigt es Mütter und Töchter, stets nah beieinander…

Regisseur Rodrigo García scheint ein Mann ohne Furcht zu sein, denn kaum ein schwierigeres Thema als die fragilen Bande zwischen Mutter und Tochter hätte Inhalt seines 2009 erschienen Films Mütter und Töchter (Originaltitel: Mother and Child) sein können. Ein unhaltbares Mammut-Projekt, könnte man meinen, aber dennoch eines, das zumindest zu Beginn zu begeistern weiß, weil es gänzlich auf Hollywood-Kitsch verzichtet.

Überraschend feinfühlig zeichnet der Kolumbianer drei Frauenfiguren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, deren stetige, den Wirren des Lebens entwachsende Verbindung jedoch immer über ihnen schwebt. Herausragend ist dabei vor allem Naomi Watts‘ Darstellung der selbstbestimmten, merklich egozentrischen Elizabeth, deren beinahe schon krude Arroganz gegenüber dem normalen Leben sich schlagartig mit ihrer Schwangerschaft in eine lebensbejahende Freude umschlägt.

Besonders faszinierend sind die Szenen mit der australischen Schauspielerin, wenn sie gedankenverloren über ihren kugelrunden Bauch streicht, weil Watts zum Zeitpunkt der Dreharbeiten tatsächlich mit ihrem zweiten Kind schwanger war.

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Doch genauso wie die anderen Charaktere fällt auch sie den mit jeder voranschreitenden Minute oftmals nur allzu offensichtlichen Oberflächlichkeiten des Films zum Opfer, der es sich eigentlich vorgenommen hat, gerade auf die Feinheiten der zwischenmenschlichen Beziehungen Bezug zu nehmen.

Was als scheinbar tiefgründige Dokumentation des (Familien-)Lebens beginnt, endet in einer überemotionalen Szenerie, die Mütter und Töchter ganz zum Leidwesen des wirklich überzeugenden Ensembles, das García für seinen Streifen gewinnen konnte, zum „Chicks-Flick“ degradiert, der zuweilen heftig auf die Tränendrüse drückt.

Das liegt vor allem an der Ambitioniertheit des Regisseurs. Die drei Handlungsstränge, die einander anfänglich kaum bedingen, scheinen in den letzten Minuten so gewollt miteinander verbunden werden zu müssen, dass das große Drama kaum noch umgangen werden kann. Wo vorher subtil und gekonnt die Psyche der drei Frauen aufgearbeitet wurde, werkelt García nun mit einem Hammer und zerstört damit, obgleich sicherlich ungewollt, die zuvor sanfte Ästhetik des Films.

Dennoch hinterlässt Mütter und Töchter trotz kleiner Schwächen letztlich einen überzeugenden Eindruck, der vorrangig durch angenehme, selten überkandidelte Bilder und schauspielerische Höchstleistung entsteht.

Cast & Crew

Regie: Rodrigo García
Drehbuch: Rodrigo García
Musik: Ed Shearmur
Schauspieler: Naomi Watts, Annette Bening, Kerry Washington, Samuel L. Jackson

Bewertung

Trailer

Informationen
Mütter und Töchter | 28. April 2011 (Deutschland) 7.2
Regisseur: Rodrigo GarcíaDrehbuchautor: Rodrigo GarcíaDarsteller: Naomi Watts, Annette Bening, Kerry WashingtonHandlung:

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Bildrechte: Universum Film

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