Lightning McQueen ist der Newcomer der Rennsaison. Der Sieg im Piston Cup ist nur noch ein letztes Rennen entfernt. Seine härteste Konkurrenz: Strip „The King“ Weathers, der seine Karriere mit diesem letzten Rennen und einem Sieg beenden will, und Chick Hicks, ambitioniert, aber der ewig Zweite hinter dem King. Der Clou: Wenn Strip Weathers seine Karriere beendet, wird sein Megasponsor Dinoco einen neuen Wagen suchen. Eine Chance, auf die sowohl Hicks als auch McQueen ziemlich scharf sind. Gerade McQueen ist mit seinem bisherigen Sponsor unzufrieden, denn Rust-Eze ist ein Produkt für rostige, alte Autos. Gar nicht gut fürs Image und zuviel für den ungeduldigen roten Flitzer.
Dann endet dieses 400 Runden lange Rennen aber so, wie es niemand erwartet hätte: absoluter Gleichstand zwischen McQueen, Hicks und Weathers. Selbst das Zielfoto kann die Frage nach einem Gewinner nicht klären. Also wird kurzerhand ein weiteres Entscheidungsrennen in Kalifornien angesetzt. Provoziert von Hicks will der hitzige Lightning um jeden Preis als erstes Auto dort ankommen und überredet seinen Sattelschlepper und Transportfahrzeug Mack zu einer unverzüglichen Reise. Ohne Zwischenstopps.
Der völlig übermüdete Mack gibt sein Bestes, verliert seine wertvolle Fracht aber mitten in der Pampa. Bei völliger Dunkelheit, orientierungslos und dummerweise ohne Scheinwerfer, verirrt sich Lightning auf die Route 66 und landet schließlich im beschaulichen Örtchen Radiator Springs. Dezent genervt und völlig in Panik demoliert er dort die Hauptstraße der verschlafenen Kleinstadt. Das bleibt nicht unbemerkt, geschweige denn ungestraft.
Nun sitzt Lightning in der Klemme. Bis zum großen Rennen bleibt nur wenig Zeit, die Hauptstraße muss er aber dennoch ordentlich erneuern, vorher kann er die kleine Stadt nicht verlassen. Für den kleinen Hitzkopf eine gewaltige Herausforderung. Der hässliche und rostige (Iiih) Abschleppwagen Hook will auch noch unbedingt Freundschaft mit ihm schließen. Doc Hudson, angesehen wie ein Bürgermeister, und der Sheriff lassen ihn nicht aus den Augen. Dann wäre da noch Sally, der niedliche, blaue Sportflitzer mit dem versteckten, neckischen Heckspoilertattoo. Die Reparatur der Straße wird auch nicht so leicht, wie Lightning McQueen es sich gedacht hatte, und die Zeit rennt ihm davon… Wie soll er es so denn noch pünktlich zum finalen Rennen schaffen?
Cars, als 7. Film der Pixar Animation Studios, kann mit fast 2 Stunden Laufzeit auftrumpfen. Anthromorphe Gestalten sind aus diesem Hause keine Besonderheit, sogar Autos tauchten schon als Charaktere auf, bis dato aber nicht als durchgängiges Prinzip eines kompletten Filmes. Mit Regisseur John Lasseter setzte man auf einen alten Hasen mit beeindruckendem Portfolio, so realisierte er vor Cars schon die Erfolgshits Toy Story, Toy Story 2 und Das große Krabbeln. Ihm zur Seite steht Joe Ranft als Co-Regisseur, zwar bisher nicht als Regisseur bekannt aber dennoch erfahren im Business der Animationsfilme durch zahlreiche Sprechrollen. Die beiden schrieben zudem zusammen mit Jorgen Klubien das Drehbuch, welcher ebenfalls kein Unbekannter (Mitarbeit an Mulan und Pocahontas) in dem Business ist.
Die Besetzung der Sprechrollen im englischen Original lassen wieder einmal nicht schlecht staunen: Owen Wilson (Midnight in Paris) als Lightning, Paul Newman (Der Clou) als Doc Hudson, Bonnie Hunt (Jumanji) als Sally, Monk-Darsteller Tony Shalhoub als Luigi. Und dabei werfen wir noch nicht einmal einen Blick auf die Liste der kleinen Nebenauftritte, wo sich Namen wie Jay Leno tummeln.
Die deutsche Synchronfassung strotzt ebenfalls vor bekannten Namen. Daniel Brühl (Inglorious Basterds) als Lightning, Bettina Zimmermann (Wüstenblume) als Sally. Christian Tramitz und Niki Lauda(!) als Lightnings Konkurrenten Hicks und Weathers. In den kleinen Rollen hört man unter anderem Rick Kavanian, Oliver Kalkhofe, Mario Barth, Nadja Tiller, Sandra Schwittau, Franziska van Almsick, Michael Schumacher (auch in der Originalfassung), seine Schwägerin Cora Schumacher und Mika Häkkinen. Einziger Wermutstropfen: Die Stimmen erkennt man teilweise nur dann, wenn man es vorher weiß.
Der Look des Films ist ausgesprochen ansprechend gelungen. Nie sah Autolack besser aus. Die Vermenschlichung der Fahrzeuge ist gut geglückt, ebenso wie die Adaption eigentlich menschlicher Phänomene. Ich sage nur „Heckspoilertattoo“ oder „Kühe umschubsen“. Für einen freundlicheren Eindruck der Landschaft, die eigentlich eher eine karge Halbwüste ist, griff man auf den alten Trick der Impressionisten zurück und gestaltete Schatten tendenziell bläulich, statt auf tristes Grau zurückzugreifen. Ein von Pixar durchweg genutztes Stilmittel, das auch hier wieder die Härten der Umgebung und der Beleuchtung deutlich ausgleicht. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Architektur der Landschaft, denn wer genau hinschaut, wird die Formen der Motorhauben der Straßenkreuzer der 1950er Jahre in den Felsen entdecken, wie auch weitere Anspielungen auf Kraftfahrzeuge. Ein schönes Bonbon für den aufmerksamen Zuschauer.
Die Gestaltung der Autos ist durchgängig an reale Karosserien angelehnt. Wo Lightning McQueen zwar eher ein durchschnittliches NASCAR Fahrzeug darstellt, haben andere Charaktere teilweise direkte Vorbilder. Doc Hudson basiert auf dem 1951er Hudson Hornet, Sally ist ein 2002er Porsche 911, Hook ein Chevrolet Stepside von 1955. Chick Hicks stellt einen 1980er Buick Regal Coupe dar und „The King“ Weathers basiert auf einem #43 Plymouth Superbird. Eine ausführliche Übersicht bietet für weiteres Interesse der Artikel zu Cars bei Wikipedia. Die sehr genaue Arbeit mit den Vorbildern stellt einen dicken Pluspunkt dieses Films dar. Der Anthropomorphismus wird, bis auf wenige Vögel (wer erkennt sie? Tipp: Kurzfilme) konsequent durchgezogen.
Der Verlauf der Story bietet keine großen Überraschungen. Schön ist es trotzdem anzusehen, alleine schon der Optik wegen. Die Charaktere agieren stereotypisch aber dennoch liebenswert und nicht deplatziert. Da ist der Hippie, der Veteran, der Sheriff, der Alte mit der Cowboymenthalität. Die gute und resolute Seele des Dieners, der Hispanic und der italienische Einwanderer. Nicht zu vergessen die hutzelige Granny, die vermutlich den Bürgerkrieg schon überlebte. Klingt vielleicht etwas viel, funktioniert aber in der Dynamik des kleinen Städtchens ausgezeichnet. Heimlicher Star des Films ist auch hier wieder einer der stilleren Sorte: Guido, der kleine VESPA Gabelstapler und Helferlein des Ferrarifans Luigi.
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Die Musik des Films ist gut, solange nicht gesungen wird. Die deutsche Version von „Our Town“ (im Original von James Taylor) zum Beispiel heißt „Unsere Stadt“, gesungen von Ole Soul, und wirkt deutlich zu bemüht, viel zu konstruiert und wie ein Fremdkörper. Die Einbettung und Übersetzung von geschichtserklärenden Liedern gelingt Disney meist um einiges besser. Ansonsten wird der Film von einem wundervollen Score von Randy Newmann untermalt.
Summa Sumarum ist Cars ein unterhaltsamer, PS-starker Ausflug auf die sagenumwobene Route 66 und in das motorisierte Herz der Vereinigten Staaten von Amerika. Auch wenn er keine besonders ausgefallene neue Geschichte erzählt, kann er die storytechnischen Schwächen durch seinen Roadtrip-Charme und viel Liebe zum Detail locker wieder wettmachen. Ein Gute-Laune-Film für Kinder und solche, die ihr inneres Kind noch nicht verloren haben und mal wieder richtig Lust haben Fernweh zu bekommen.
PS.: Das schier unerschöpfliche Merchandising kann für Eltern Cars-infizierter Kinder zu einem regelrechten Albtraum werden. Es gibt einfach nichts, was es nicht gibt. Es ist das gute Recht eines Konzerns aus einem Namen oder einer Marke das rauszuholen, was man rausholen kann, doch selbst Lizenzkönig Disney erreicht – soweit mein Eindruck – mit Cars hier nochmal neue Dimensionen. Ähnlich penetrant vertreten außerhalb spezialisierter Geschäfte scheint mir fast nur Star Wars und Hello Kitty. Ob das von Relevanz ist, muss man für sich selbst entscheiden. Das mir aber keiner sagt, er wäre nicht gewarnt worden.
Bildrechte: Walt Disney Studios