Und hier auch schon der zweite Teil unseres Berichts von der 14. Filmkunstmesse in Leipzig. Unsere beiden Kolleginnen Mareen und Line haben sich ins Getümmel gestürzt und einige Filme schon einmal für euch unter die Lupe genommen.
Am Donnerstag standen für Line zwei Filme auf dem Programm. Den Anfang macht Magic in the Moonlight. Der Engländer Stanley Crawford (Colin Firth) ist Zaubrer und gilt als sein chinesisches Alter Ego Wei Ling Soo Ende der 1920er Jahre als berühmtester Hexenmeister seiner Zeit. Stanley ist sehr von sich überzeugt und verachtet jene Spiritisten die mit billigen Tricks den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen.
Als sein Freund und Zaubererkollege Howard (Simon McBurney) ihm von der jungen Wahrsagerin Sophie Baker (Emma Stone) erzählt, lässt sich Stanley auf eine Mission ein: Zusammen reisen die beiden Zauberer an die französische Riviera, wo sich Sophie gerade aufhält, und versuchen sie als Betrügerin zu entlarven. Dies gestaltet sich aber weit schwieriger als erhofft.
Der neue Film von Woody Allen begeistert mit bezaubernden Bildern und wunderschönen Kostümen. Colin Firth gibt, wie schon so oft, den mürrischen Engländer. Etwas was immer wieder funktioniert. An seiner Seite hat er die hübsche Emma Stone, die wieder mal ihr Talent für Komödien unter Beweis stellt. Doch so schön die Szenen auch aussehen, die Handlung überzeugt leider nicht wirklich. Irgendwie war alles schon einmal da und der Film bietet wenig Überraschungen. Ganz nett für zwischendurch, aber vom Kinosessel reißt er einen nicht.
Direkt im Anschluss folgte Das Verschwinden der Eleanor Rigby, die Geschichte über ein junges Ehepaar, das sich plötzlich trennte und über den Verlauf des Films langsam wieder zueinander findet. Eleanor Rigby (Jessica Chastain) und ihr Ehemann Conor (James McAvoy) waren sieben Jahre lang ein glückliches Paar. Doch eines Tages bricht Eleanor den Kontakt zu Conor aus heiterem Himmel ab. Sie beschließt zurück zu ihren Eltern zu ziehen und beginnt erneut zu studieren. Conor leidet sehr unter der Trennung. Eine Weile versucht Eleanor zurückzugewinnen, gibt aber schließlich auf und beginnt seinen eigenen Weg zu suchen.
Regisseur und Autor Ned Benson erzählt die Geschichte einer großen Liebe, für die das Schicksal jedoch ein ganz anderes Ende bereithält. Der Film beginnt mit der Trennung der beiden und erst nach und nach erfährt der Zuschauer, was zwischen den beiden vorgefallen ist. Neben Golden Globe Gewinnerin Jessica Chastain und James McAvoy brillieren Oscar-Gewinner William Hurt und Isabelle Huppert. Die Geschichte um das Verschwinden von Eleanor geht ans Herz und vor allem Jessica Chastain überzeugt mit ihrer schauspielerischen Leistung. Leider erkennt man als Zuschauer sehr schnell worauf der Film hinausläuft, weswegen die Geschichte schnell frustrierend und langatmig wird.
Am Abend wurde es dann festlich, denn im Leipziger Landratsamt fand die Verleihung der Gilde Filmpreise 2014, der Preis der Jugendjury und die Verleihung des Publikumspreises statt. Der Beste Film (international) ging an Grand Budapest Hotel von Wes Anderson und Boyhood von Richard Linklater.
Als Bester Film (national) wurde Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht von Edgar Reitz ausgezeichnet. Bester Dokumentarfilm wurde Das Salz der Erde von Wim Wenders und Juliano Ribeiro Salgado. Und über den Preis für den besten Kinderfilm konnte sich Rico, Oskar und die Tieferschatten von Neele Leana Vollmar freuen. Der Preis der Jugendjury ging an Mommy von Xavier Dolan und als Gewinner des Publikumspreises wurde Life Feels Good von Maciej Pieprzyca gefeiert.
Tag 5 und damit der letzte Tag der Filmkunstmesse begann für Mareen mit Wim Wenders frisch mit dem Gilde Preis ausgezeichneten Dokumentarfilm Das Salz der Erde. Der Regisseur war selbst anwesend und sprach über seinen Film, der in Cannes mit dem Spezialpreis „Un Certain Regard“ beim Filmfestival Cannes 2014 ausgezeichnet wurde.
Er dokumentiert die vergangenen 40 Jahre des brasilianischen Fotografs Sebastião Salgado, der auf allen Kontinenten die sich wandelnde Welt und Menschheitsgeschichte in beeindruckende Fotoreportagen festhielt. Dabei war er Zeuge wichtiger Ereignisse der letzten Jahrzehnte – von internationalen Konflikten, Kriegen und ihren Folgen, von Hungersnöten, Vertreibung und Leid. Der Dokumentarfilm ist beeindruckend und schockierend gleichzeitig. Beim Schauen wirkt es, als würde man ein Bilderbuch durchgeblättert bekommen.
Dennoch zeigt das Lebenswerk von Salgado nicht nur die schönen Seiten der Natur, sondern in eindringlichen und grausamen Fotoaufnahmen, dass die Geschichte der Menschen eine Geschichte des Krieges und der Gewalt ist. Krisengebiete kamen in seinem Werk ebenso zum Einsatz wie atemberaubende Naturaufnahmen. Salgado widmet sich mit seiner Kamera seit nunmehr fast einem Jahrzehnt mit dem gigantischen Projekt „Genesis“ den paradiesischen Orten unserer Erde, kehrt an den Ursprung allen Lebens zurück und offenbart uns eine wunderbare Hommage an die Schönheit unseres Planeten. Der Film schafft einen gelungenen Kontrast zwischen Vernichtung und unberührter Natur und hat jegliches Lob verdient.
Darauf folgte Mommy von Jung-Regisseur Xavier Dolan, der in Cannes den Preis der Jury erhielt. Diane Després (Anne Dorval) ist die Mutter des gewalttätigen Steves (Antoine-Olivier Pilon). Seit dem Tod seines Vaters hat er eine Reihe von Heimen für schwer erziehbare Kinder durchlaufen. Nun kommt er zurück zu seiner Mutter, weil niemand sonst mit ihm fertig wird. Sie findet neue Hoffnung, als eine neue Nachbarin, die junge und mysteriöse Kyla (Suzanne Clément), sich in ihren Haushalt einbringt.
Gemeinsam gelingt es ihnen die Balance in die sensible Beziehung zu bringen und neue Hoffnung aufkommen zu lassen. Kanadier Xavier Dolan war zum vierten Mal mit einem Film in Cannes vertreten und präsentiert mit Mommy eine bizarre Mutter-Sohn-Tragödie. Wie sich Steve und Diane gegenseitig die schlimmsten Schimpfwörter an den Kopf werfen und sich im nächsten Moment wieder zärtlich versöhnen, ist großartig in Szene gesetzt. Wieder einmal zeigt Dolan seinen Hang zum Realismus, in dem er zahlreiche Szenen in die Länge zieht und Steves Gewalttätigkeit in anschaulichen Bildern vorführt.
Ein Happy End ist allen dreien nicht vergönnt, jedoch ist glänzt der Film mit Faszination und Tragik zur gleichen Zeit, enthält einen frischen poppigen Soundtrack und spielt mit den Konventionen des Kinos, z.B. in dem Steve das enge 4:3-Quadrat des Kinobildes mit beiden Händen zum Widescreen aufreißt.
Damit ging auch für uns eine aufregende Kinowoche zu Ende. Sowohl für die Fachbesucher als auch für das Publikum endet damit eine erfolgreiche Filmmesse. So viele Filmschaffende wie noch nie präsentierten ihre Werke persönlich in Leipzig und sorgten damit auch bei dem öffentlichen Publikum für Festival-Feeling.
Die 15. Filmkunstmesse findet vom 14. bis 18. September 2015 in Leipzig statt. Bis dahin können wir uns auf viele spannende neue Filme freuen.