Am Montag, den 17.09.2013 eröffnete die Filmkunstmesse Leipzig zum 13. Mal. In diesem europaweit einzigartigen Forum findet der partnerschaftliche Austausch zwischen Kinobetreibern, Verleihern und Fachleuten aus der Arthouse-Branche statt. Fachleute sichten Filme weit vor Bundesstart, diskutieren über Marketing und Potential der einzelnen Filme und entwickeln gemeinsam in Seminaren, Workshops und Diskussionsrunden Strategien für die Zukunft der Filmkunst.
Über 60 Filmpräsentationen werden den Fachbesuchern weit vor Bundesstart in den Leipziger Passage Kinos, der Schauburg und der Kinobar Prager Frühling präsentiert. Am Abend öffnet sich die Messe mit ausgewählten Filmen dem Publikum.
Preise gibt es gleich mehrere: Verliehen werden der Filmkunstmesse-Publikumspreis, der Preis der Jugendjury, der Gilde-Filmpreise 2013 sowie Kinoprogrammpreise Mitteldeutschland. Auf diese gehe ich jedoch am Ende der Woche noch einmal ein.
Als Eröffnungsfilm für die Öffentlichkeit lief der französische La Vie d’Adele. Die Liebesgeschichte von zwei jungen Frauen hat in diesem Jahr bereits die Goldene Palme von Cannes erhalten und im Laufe der Woche werde ich mir diesen auf jeden Fall noch zu Gemüte ziehen.
Am Startabend zog es mich jedoch in Exit Marrakech von Oscar©-Preisträgerin Caroline Link (Norgendwo in Afrika, der als brancheninterner Eröffnungsfilm gezeigt wurde. Der 17-jährige Ben (Samuel Schneider) besucht seinen Vater (Ulrich Tukur) in Marokko, wo dieser dort als angesehener Theaterregisseur arbeitet. Beide sind jedoch wie Fremde und schnell beschließt Ben das ihm unbekannte Land selbst zu erkunden und bricht auf eine abenteuerliche Reise in die Wüste auf. Der Film beeindruckt durch die wunderbar farbenfrohe Kulisse Marokkos und den beiden erstklassigen Hauptdarstellern. Emotional und opulent wird die unglückliche Vater-und-Sohn-Beziehung gezeigt, bei der nun alles möglich ist: einander neu zu finden oder sich endgültig zu verlieren…
Tag 1
Den ersten Film des ersten offiziellen Messetages sah ich mir in der Schauburg an und war hellauf begeistert. In Disconnect von Regisseur Henry Alex Rubin wurde mir ein erstklassiges und bis zum Schluss fesselndes Kinoerlebnis geboten. In parallel verlaufenden Handlungssträngen wird das Schicksal von einer kleinen Gruppe von Menschen gezeigt, die alle mit einem Verlust zu kämpfen haben und ihre Probleme auf unterschiedliche Weise zu meistern versuchen. Eines ist ihnen dabei gemein, sie sind ständig online.
Die Schauspieler, unter anderem Jason Bateman (Voll Abgezockt) und Max Thieriot (House at the End oft he Street), waren durchweg überzeugend und der Soundtrack genial. Zu Ende hin zeigt sich, wie die Geschichten der einzelnen Personen miteinander verzweigt sind. Einen Kinostarttermin hat der Film leider noch nicht, jedoch folgt eine ausführliche Rezension sobald er startet.
Film Nummer zwei in den Passage Kinos zeigt die tragische Geschichte eines Kleinkriminellen Oscar Grant (Michael B. Jordan), die 2009 wirklich passierte. Vollkommen unerwartet wird er am Neujahrsmorgen von einem weißen Polizisten an der Bahnstation Fruitvale in San Francisco erschossen. Nachwuchs-Regisseur Ryan Coogler zeigt in seinem Erstlingswerk Fruitvale Station die letzten 24 Stunden des erst 22-jährigen Mannes, der als Vater, Freund und Sohn versucht für die Menschen, die er liebt sein Leben zu ändern. Erschütternd und mitreißend ist das dramatische Ereignis für die Kinoleinwand umgesetzt. Octavia Spencer (The Help) glänzt in der Rolle der Mutter.
Am Abend wurde der rote Teppich vor den Passage Kinos ausgerollt und die ersten Stars konnten begrüßt werden. Aus dem Filmteam von Der blinde Fleck standen Benno Fürmann, Nicolette Krebitz, Regisseur Daniel Harrich und Ulrich Chaussy für Fotos bereit und gaben anschließend einen Movietalk für Fragen. Der Film zeigt den BR-Reporter Chaussy, der Recherchen über das Oktoberfest-Attentat von 1980 betreibt und dabei auf skandalöse Vertuschungen und Versäumnissen in den Ermittlungen stößt. Diese Arbeit lässt ihn über drei Jahrzehnte nicht los. Die Verbissenheit des Protagonisten sowie der schmale Grat, auf dem er sich bewegt, halten durchweg die Spannung.
Der vierte und letzte Film stammt aus Italien: Ich & Du (Io e te). Der 14-jährige Lorenzo ist ein Einsiedler. Er entschließt seine Teilnahme an einer Klassenfahrt nur vorzutäuschen. Stattdessen nistet er sich im Keller seines Hauses ein und freut sich auf eine Woche Ungestörtheit. Dies klappt, bis seine lang verschollene Halbschwester ihre Sachen sucht und an seinem Versteck Gefallen findet. Doch dann braucht sie dringend die Hilfe ihres kleinen Bruders. Regisseur Bernardo Bertolucci kehrt nach vielen Jahren mit diesem Film ins Kino zurück und erzählt eine kleine subtil Geschichte von zwei Geschwistern, die sich wieder annähern und die Zuschauer durch ihre ganz eigenen Macken für sich gewinnen.
Ebenfalls auf dem roten Teppich war Robert Thalheim, der anschließen seinen Film Eltern der Öffentlichkeit präsentierte. Diesen schaue ich mir jedoch erst am Freitag an. Filmtechnisch gesehen war dies heute jedoch ein gelungener erster Messetag.