Mit The Electric State liefern die Russo-Brüder ein Science-Fiction-Abenteuer ab, das viel verspricht – aber letztlich wenig hält.
Kein elektrisierendes Filmerlebnis
Basierend auf dem gleichnamigen Bildband von Simon Stålenhag, hätte dieser Film eine tiefgründige, visuell beeindruckende Reise durch eine alternative Retro-Zukunft sein können. Stattdessen bekommt man einen glattgebügelten, aber überraschend seelenlosen Blockbuster, der weder inhaltlich noch emotional wirklich zündet.
© Netflix
In einer retro-futuristischen Version der USA begleitet die Waise Michelle (Millie Bobby Brown) einen niedlich designten Roboter und einen exzentrischen Herumtreiber (Chris Pratt) auf der Suche nach ihrem verschollenen Bruder quer durch den Westen.
Roadtrip durch ein zerfallenes Amerika
Die Reise führt sie durch eine seltsam vertraute, aber von Technik gezeichnete Welt – bevölkert von geheimnisvollen Maschinen und verlassenen Städten.
Der Anfang des Films stimmt optimistisch: Die dystopische Welt ist spannend, erinnert an District 9 oder Chappie und weckt Erwartungen auf einen nachdenklichen Sci-Fi-Trip. Doch diese Erwartungen werden schnell enttäuscht. Der Film verliert sich zunehmend in platten Dialogen, vorhersehbaren Szenen und einer kindlichen Tonalität, die nicht so recht zur dramatischen Ausgangslage passen will. Das macht die Erzählung beliebig – und emotional distanziert.
© Netflix
Millie Bobby Brown (Stranger Things) bleibt überraschend blass. Ihre Figur ist auf dem Papier komplex, doch sie bringt kaum glaubhafte Emotionen auf die Leinwand. Auch Chris Pratt wirkt hier eher wie ein Beifahrer der Geschichte, statt ein echter Teil davon zu sein.
Optik hui, Gefühl pfui
Die wenigen Lichtblicke bieten kurze, aber charismatische Auftritte von Stanley Tucci und Giancarlo Esposito – leider viel zu knapp, um den Film zu retten.
Visuell ist The Electric State kompetent inszeniert: Die Kameraarbeit ist stimmig, das Szenenbild atmosphärisch, die Retro-Futuristik stilvoll. Doch die Gestaltung der Roboter – insbesondere des zentralen Begleiters – wirkt steril und überdesignt. Die Maschinen wirken mehr wie Spielzeuge aus einem Pixar-Film als glaubhafte Bewohner einer untergehenden Welt.
© Netflix
The Electric State hat das Potenzial für große Themen – Familie, Verlust, Menschlichkeit in einer technisierten Welt. Doch diese werden kaum angekratzt.
Zwischen Sci-Fi-Atmosphäre und Tonalitätschaos
Statt einer tiefgründigen Adaption bekommen wir einen glatt produzierten, aber austauschbaren Netflix-Blockbuster. Wer sich mit simplen Sci-Fi-Kulissen zufriedengibt und sein Gehirn abschaltet, kann hier einen netten Abend verbringen. Wer jedoch auf die melancholische Kraft des Originals gehofft hat, wird enttäuscht sein. Ein Film wie sein Titel – viel Strom, wenig Spannung.
Bildrechte: Netflix