Der Streamingdienst Netflix ist weiterhin auf der Suche nach einem großen Franchise aus der eigenen Schmiede. Könnte mit Project Power, einer Mischung aus Drogendrama und Superhelden, nun der große Coup für ein langlaufendes Franchise gelungen sein?
Ein ehemaliger Soldat, eine jugendliche Drogendealerin und ein aufgeweckter Cop begeben sich in New Orleans auf die Jagd nach der Quelle einer gefährlichen neuen Droge, die Konsumenten vorübergehend Superkräfte verleiht.
Das Problem an der Designerdroge ist jedoch, dass diese immer nur 5 Minuten anhält und man vorab nicht weiß, welche Fähigkeiten bei einem freigesetzt werden. Vielleicht kann man schneller Laufen als ein Auto, erhält kugelsichere Haut oder kann sich selbst entzünden.
Es besteht aber auch die gefährliche Möglichkeit, dass der Körper einfach explodiert, nachdem man die Pille eingenommen hat. Und während die Zahl der Verbrechen, die von den Power-Junkies verübt werden, immer weiter ansteigt, müssen sich Soldat Art, Dealerin Robin und Polizist Frank zusammenschließen, um in New Orleans das Chaos zu beseitigen.
Project Power ist definitiv ein Superhelden-Film der etwas anderes Art. Denn in dem Film der Regisseure Henry Joost und Ariel Schulman (Nerve) bekommen die Superhelden ihre Kräfte nicht durch einen prägenden Moment, wie einen Spinnenbiss oder dergleichen, und zudem geht es deutlich ruppiger zur Sache als bei Marvel.
Ein Superhelden-Blockbuster im Sommer 2020
Dem Film spielt zunächst natürlich in die Karten, dass aufgrund der Corona-Pandemie das allzu beliebte Genre der Superhelden-Filme auf der großen Leinwand pausiert. Project Power nutzt die Gelegenheit, um in die offene Lücke zu springen und Fans der übernatürlichen Kräfte Nachschub zu geben.
Doch die Handlung des actionreichen Streifens ist leider nicht nur vorhersehbar, sondern auch deutlich zu lang geraten. Mit 114-Minuten nimmt sich der Film zwar die Zeit seine drei interessanten Charaktere einzuführen, kratzt aber trotzdem bei den Emotionen nur an der Oberfläche. Stattdessen werden die Actionszenen verlängert, unnötige Szenen eingeschoben und auch das große Finale zieht sich endlos hin.
Abseits der recht flachen Story bieten die Figuren aber einen interessanten Ansatz. Jamie Foxx (Baby Driver) als Art Reilly hat sich in Hollywood wieder etabliert, spielt abermals gut auf und wird von Joseph Gordon-Levitt (Don Jon) als Frank Shaver und Dominique Fishback als Robin gelungen unterstützt. Die Rap-Momente der Figur Robin hätte man jedoch getrost streichen können, da diese wie ein Fremdkörper im Gesamtwerk wirken.
Leider bleiben aber vor allem die Bösewicht, die hinter dem Drogen-Komplex stecken, mehr als eindimensional. Ein kleiner Auftritt von Machine Gun Kelly, der brennend durch ein Gebäudekomplex die Figur Art jagt, gehört noch zu den Highlights. Drogen-Baron Rodrigo Santoro (Klaus) hat zwar die Fähigkeit sich selbst zu vergrößern und stärker zu werden, hängt aber trotzdem schnell in den Seilen.
Superheldenkräfte aus der Tierwelt
Was die übernatürlichen Fähigkeiten angeht, macht Project Power aber einfach Spaß. Die Superkräfte, die von Tieren wie einem Haarfrosch oder Chamäleon gewonnen werden, sind abwechslungsreich und gut in Szene gesetzt. Auf visueller Ebene bekommt man als Zuschauer genau das geboten, auf was man sich freut.
Was den Schnitt der Actionszenen angeht, hätten diese aber gerne so gestaltet werden können, dass man nicht permanent den Überblick verliert. Ein jedoch weit verbreitetes Problem bei den mit CGI vollgestopften, modernen Superhelden-Filmen.
Im Kern erinnert Project Power an Genre-Größe X-Men und das Helden-Trio wird in Reviews sogar mit dem Star Wars-Gespann rund Luke, Leia und Han Solo verglichen. Was wie ein Ritterschlag klingt, entspricht aber nicht ganz der Wahrheit, denn dafür fehlt es den Figuren wie gesagt an Herz.
Am Ende des Tages scheint auch dieses Werk noch nicht der erhoffte große Wurf für Netflix zu werden, welchen man über Jahre hinweg fortsetzen kann.
Auf jeden Fall hat Project Power reichlich Potenzial und eine mögliche Fortsetzung kann vielleicht die Fehler des ersten Teils ausbügeln. Aber was die Geschichte betrifft, müsste hier definitiv mehr Arbeit und Substanz in das Drehbuch gesteckt werden: denn dieses war leider eher Powerless.
Bildrechte: Netflix