Filmfestspiele von Cannes 2015 – Tag 4

Tag 4 begann heute einmal ganz besonders: Mit einer Geruchsreise in die Provence. Gut 20 Minuten entfernt von Cannes liegt die Kleinstadt Grasse – die Welthauptstadt des Parfüms. Spätestens als Handlungsort von Patrick Süskinds Roman Das Parfum erlangte die Stadt Bekanntheit und diente 2006 als prägende Kulisse in der Verfilmung von Tom Tykwers Das Parfüm – die Geschichte eines Mörders. Wie passend, dass jetzt auch gerade Ben Wishaw, der den duftbesessen Mörder Grenouille spielte, in Cannes ist.

Was man in Grasse nicht versäumen sollte, ist ein Besuch im „Musée internationale de la Parfumerie“ (Parfümeriemuseum). In diesem wird anschaulich und interaktiv die Geschichte von Grasse als Parfümhauptstadt geschildert und ich fand alle beeindruckenden Gerätschaften zur Herstellung wieder, die auch im Film auftauchen.

Die verwinkelten Gassen, bröckelnden Fassaden und unzähligen Treppen riefen sofort meine Erinnerungen an den Film wach. Schauplatz ist auch der Place du Cours, auf dem Süskind die Hinrichtungsorgie als großes Finale inszenierte.

Danach warf ich einen Blick in die Parfümerie Fragonard, in der Duftwässerchen noch aus natürlichen Essenzen herstellt werden. Patrick Süskind arbeitete sogar mehrere Monate hier, um sich das Wissen für sein Buch anzueignen. In der inliegenden Fabrik kann man sich anschauen, wie Parfüm gewonnen, verarbeitet und kreiert wird und selbstverständlich Unmengen an Parfum shoppen. Unter Anleitung eines Parfümeurs kann man sogar sein eigenes individuelles Parfüm mischen!
Beeindruckt und benebelt von wohlriechenden Düften fuhr ich zurück zum Filmfestival und sah mir den Thriller Maryland an, der im Rahmen der „Uncertain Regards“ lief. In den Hauptrollen spielen Diane Kruger und Belgier Matthias Schoenarts (Der Geschmack von Rost und Knochen).

Soldat Vincent ist gerade aus dem Afghanistan-Einsatz zurück und leidet an posttraumatischen Störungen. Übergangsweise arbeitet er als Leibwächter für Businessgattin Jessie und ihren Sohn und ahnt schon bald, dass Gefahr droht. Regisseurin ist Alice Winocour, deren Regiedebüt Augustine 2012 in Cannes im Wettbewerb um die Goldene Kamera lief.

Erstaunlich viele Slow Motions und ein irrer kratzender Sound stellen gekonnt die innere Gefühlswelt von Vincent dar, der sich noch nicht von seinem Einsatz erholt hat. Rein vom Thema her habe ich mir einen spannend nervenaufreibenden Thriller vorgestellt, doch Vincent putzt alle Gefahren mit Leichtigkeit weg. Maryland hat weder überraschende Wendepunkte noch jegliche Tiefe der Figuren und wird somit wohl einer von vielen Filmen werden, die ich kaum erinnere gesehen zu haben.

Danach schaffte ich es gerade noch rechtzeitig zum Pressesaal, in dem Naomi Watts, Matthew McConaughey und Gus Van Sant (Promised Land) das Suizid-Drama The Sea of Trees vorstellten, für das es angeblich Buh-Rufe gegeben haben soll.

Im Gegenzug zu den meisten Stars nahmen sich Naomi Watts und Matthew McConaughey ein wenig Zeit, um wartende Fans mit Autogrammen zu versorgen (siehe Fotos).

Ich werde mir morgen ein eigenes Bild vom Film machen, bis dahin! MaryChloe

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The Sea of Trees (2015) | Filmkritik