Cameo-Auftritte von Comic-Helden, Universen, die aufeinanderprallen und eine ordentliche Portion Zauberei: Das alles kann man in dem Film Doctor Strange in the Multiverse of Madness erwarten. Der zweite Solo-Film des Comic-Helden hat sechs Jahre lang auf sich warten lassen. Zugleich ist es der 28. Film innerhalb des Marvel Cinematic Universe (MCU). Eines vorweg: Überraschungen gibt es in diesem 126-minütigem Blockbuster jede Menge. Aber dazu später mehr.
Ein Sprung zwischen den Universen
Der Film setzt ein mit einer Sequenz, in der Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) mit einem Mädchen namens America (Xochitl Gomez) vor Dämonen flieht. Gleichzeitig suchen die beiden das geheimnisvolle Buch von Vishanti. Strange stirbt bei dem Kampf und America kann nur entkommen, indem sie die Tür zu einem anderen Universum öffnet.
Dort trifft sie auf die Version von Doctor Strange, die auch bisher in den anderen Marvel-Filmen in Erscheinung getreten ist.
Und für ihn ist das Mädchen keine Unbekannte. Denn er hat sie schon einmal in seinen Albträumen gesehen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Wong (Benedict Wong) will er America beschützen. Also verschanzen sie sich im Kamar-Taj. Dann kommt es zu einem Angriff von Scarlet Witch (Elizabeth Olsen), die die Kräfte des Mädchens bekommen möchte, um ihre Kinder wiederzusehen. Und was sich jetzt schon alles etwas konfus anhört, wird noch viel abgedrehter. Für Doctor Strange ergibt sich eine scheinbar unlösbare Aufgabe, an der die Erde zu zerplatzen droht.
Im Schatten von Tony Stark
Die Fortsetzung von Doctor Strange ist gelungen, aber leider nicht auf allen Ebenen. Das Positive zuerst: Die Figur Doctor Strange bekommt durch die vielen verschiedenen Universen und seine bedeutende Funktion in dem ganzen Wahnsinn mehr Tiefe. Zuvor wirkte die Rolle von Benedict Cumberbatch, der zuletzt für The Power of the Dog eine Oscar-Nominierung als Bester Hauptdarsteller erhielt, konventionell angelegt.
Der Brite spielte den Zauberer der Avengers okay, aber es fehlten immer die interessanten Charaktereigenschaften. So erschien Stephen Strange meistens wie ein billiger Abklatsch von Tony Stark. Etwas arrogant, witzig und energiegeladen – nur eben unglaubwürdiger. So stand er oft im Schatten seiner Avengers-Kollegen.
Mit dem neuen Film gewinnt seine Figur jedoch an Reiz. Denn auch der mächtigste Zauberer der Erde hat seine Schwächen. Und diese werden in dem Blockbuster Doctor Strange in the Multiverse of Madness gut eingefangen. Dadurch wird er für den Zuschauer greifbarer und menschlicher als je zuvor. Auch die Tragweite, die seine Entscheidungen haben, werden hier gut ausgearbeitet. So scheint es oft ein schmaler Grat zwischen Heldenverehrung und Ungnade zu sein.
Der zweite positive Aspekt ist die angenehm-abgedrehte Ausrichtung des Kinofilms. Eines der größten Probleme des MCU ist, dass alle Filme vom Schema her gleich sind. Doch hin und wieder versuchen die Produzenten neuen Wind in das erfolgreiche Franchise zu bringen. So überzeugte Spider-Man: No Way Home beispielsweise dank seiner überraschend düsteren Note. Und mit Doctor Strange in the Multiverse of Madness kommen Grusel-Elemente hinzu. Diese sorgen für Abwechslung.
Und dann beginnt der Albtraum
Jedoch ist der Grusel-Faktor leider auch durch eine FSK-12 beschränkt. Immer, wenn es interessant wird, folgt eine leichte Abschwächung, sodass sich der Horror nicht richtig entwickeln kann. Dennoch wird hier aus der FSK-12 eine Menge rausgeholt. Eine höhere Alterseinstufung hätte dem Film vielleicht besser getan. Dann hätte Regisseur Sam Raimi (Armee der Finsternis) auch noch mehr aus den Vollen schöpfen können.
Die Regie von Raimi ist okay, aber nicht gut. Sicherlich hörte sich sein Name auf dem Papier für die Produzenten für die richtige Wahl an. Denn Raimi ist mit der Inszenierung der ersten drei Spider-Man-Filme und seinen Horror-Filmen wie Tanz der Teufel eine logische Wahl für einen Marvel-Film mit Gruselfaktor. Doch gerade die Blockbuster-Elemente wie visuelle Effekte und Actionszenen sind hier unterdurchschnittlich.
Bei dem hohen Budget und zusätzlichem 3D ist es eine Enttäuschung auf dieser Ebene. Die Grusel-Momente sehen hingegen besser aus. Besser macht es Raimi beim Storytelling. Denn der Regisseur schafft es eine gewisse Spannung zu erzeugen und die Neugier zu wecken.
Obwohl einige Handlungsstränge etwas unterentwickelt sind, ist die Grundspannung da. Und das haben bisher nicht viele MCU-Blockbuster geschafft. Des Weiteren überzeugt die irre Rahmenhandlung, in der scheinbar alles möglich ist. Die Zukunft einiger Figuren ist somit offen in dem Film.
Viele Cameos, zu wenig Substanz
Etwas übertrieben ist hier jedoch die Anzahl an Kurzauftritten. Mehrere Comic-Charaktere kreuzen in dem Streifen auf, ohne jedoch wirklich Zeit zu bekommen. Das ist auf eine Weise unterhaltend, aber auch verschwenderisch. Wahre Fans werden sich allerdings freuen können.
Ein Kritikpunkt ist die Rolle des Gegenspielers mit Scarlet Witch. Denn der Kenner des MCU weiß schon, in welchem Zwiespalt sich die Figur befindet. Auch ihre fiese Ader ist seit Avengers: Age of Ultron bekannt. Also haben es sich die Drehbuchautoren an dieser Stelle leicht gemacht.
Auch die anderen Schurken kommen in dem Film zu kurz. Aber einen guten Bösewicht gab es bisher auch nur in wenigen Marvel-Filmen. Hier besteht sicher Nachholbedarf. Zusammengefasst ist Doctor Strange in the Multiverse of Madness ein gelungener Film, der dank seiner Absurdität überzeugt. Etwas mehr Blutspritzer und noch mehr Horror hätten ihn noch ein Stück besser gemacht.
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