Chaos im Netz (2018) | Filmkritik

Bevor Ralph überhaupt für Chaos im Netz sorgen konnte, sorgte schon die deutsche Titelfindung für Chaos. Ob Ralph reichts 2: Webcrasher – Chaos im Netz oder einfach nur Ralph reichts 2: Chaos im Netz – der Film schien bereits im Vorfeld nicht genau zu wissen, was er sein will. Diese Orientierungslosigkeit zieht sich leider auch wie ein roter Faden durch das gesamte Werk.

Ein liebenswerter Ralph und eine nervige Vanellope

Wer Ralph reichts (2012) mochte, wird sich freuen, dass Ralph auch im zweiten Teil genauso liebenswert ist wie zuvor. Seine klobige, etwas unbeholfene Art sorgt weiterhin für den einen oder anderen Lacher. Doch seine beste Freundin Vanellope von Schweetz? Nun, sie ist eine andere Geschichte.

© Walt Disney / LEONINE

Ihre kindliche Nervosität und der ständige Drang nach Abwechslung wirken nicht charmant, sondern anstrengend. Manchmal wünscht man sich, sie würde sich einfach auf ihr Arcade-Spiel konzentrieren und Ralph mit seinen Problemen allein lassen. Ihre Dynamik, die im ersten Teil so herzerwärmend war, wird hier durch Konflikte überlagert, die oft zu gewollt und konstruiert wirken.

Das Internet als Werbefläche

Eines muss man Disney lassen: Die Darstellung des Internets ist kreativ und liebevoll umgesetzt. Personifizierte Algorithmen, Meme-Welten und pulsierende Datenströme schaffen eine visuell ansprechende Welt. Aber hier liegt auch das große Problem.

Jede Ecke von Chaos im Netz (Originaltitel: Ralph Breaks the Internet) fühlt sich an wie eine gigantische Werbeanzeige. Von Amazon über Instagram bis zu Snapchat werden die bekannten Marken nicht nur subtil eingestreut, sondern nahezu ins Gesicht gedrückt. Selbst Ralphs Abenteuer wirken manchmal wie eine Entschuldigung, um die nächste Plattform zu promoten.

© Walt Disney / LEONINE

Natürlich kommt ein Film, der im Internet spielt, nicht umhin, populäre Seiten und Phänomene zu thematisieren. Doch hier übertreibt es Disney eindeutig. Statt die Eigenheiten und Absurditäten des Internets zu hinterfragen oder gar satirisch zu überspitzen, wird es zur Werbefläche degradiert. Das nimmt dem Film viel von seinem Potenzial und hinterlässt einen schalen Beigeschmack.

Disney und die Prinzessinnen

Eine der wenigen Highlights des Films ist die Szene, in der Vanellope auf die Disney-Prinzessinnen trifft. Hier beweist Disney Selbstironie, indem die oft kritisierten Stereotypen der eigenen Klassiker aufs Korn genommen werden. Die Prinzessinnen sind nicht nur passive Schönheiten, sondern müssen sich fragen lassen, wie sinnvoll ihre Geschichten eigentlich sind. Schneewittchen, Ariel und Co. bekommen eine witzige, moderne Note, die den Disney-Prinzessinnen frischen Wind verleiht.

Doch diese Szene bleibt leider eine der weinigen Ausnahmen. Während der Humor hier punktgenau sitzt, plätschern viele andere Szenen ohne echten Witz oder Substanz vor sich hin. Es ist, als hätten die Macher all ihre Kreativität in diese eine Sequenz gesteckt, während der Rest des Films auf Autopilot läuft.

Die Handlung tröpfelt dahin

Die Geschichte selbst ist erstaunlich unspektakulär. Ralph und Vanellope müssen ins Internet, um ein Ersatzteil für Vanellopes kaputtes Arcade-Spiel Sugar Rush zu finden. Was als vielversprechender Ausgangspunkt beginnt, verwandelt sich schnell in eine episodische Aneinanderreihung von Szenen, die weder Spannung noch echte Unterhaltung bieten. Es gibt keinen echten Höhepunkt, keine Wendung, die einen wirklich mitreißt. Stattdessen scheint der Film einfach vor sich hin zu tröpfeln, als wüsste er selbst nicht, wo die Reise hingehen soll.

© Walt Disney / LEONINE

Die Nebenfiguren, die Ralph und Vanellope auf ihrem Weg treffen, sind dabei ein zweischneidiges Schwert. Einige, wie der Algorithmus Yesss, bringen frischen Wind und Humor. Andere wirken jedoch wie reine Füllcharaktere, die keinerlei bleibenden Eindruck hinterlassen.

Die besten Szenen kommen zu spät

Es sagt schon einiges über einen Film aus, wenn die besten Szenen nach dem Film laufen. Die Mid-Credit-Szene, in der Ralph und Vanellope ein Kätzchen mit Milchshakes füttern, während das süße Häschen gegenüber Pfannkuchen bekommt, ist ein echter Brüller. Ebenso die Vorschau zu Die Eiskönigin 2 in der Post-Credit-Szene, welche in einen der größten Internetpranks parodiert. Hier zeigt sich, dass die Macher durchaus das Potenzial hatten, echten Humor und Kreativität zu liefern. Doch warum hat sich davon so wenig in den Hauptfilm verirrt?

Mehr Chaos als Unterhaltung

Chaos im Netz ist leider eine Enttäuschung. Der Film wirkt wie eine bunte, aber seelenlose Werbebroschüre, die sich hinter der Fassade eines Animationsfilms versteckt.

© Walt Disney / LEONINE


Während der erste Teil mit seiner originellen Idee und liebevoll gezeichneten Charakteren punkten konnte, fehlt es der Fortsetzung an Tiefe, Herz und Spannung. Einzig die Präsentation des Internets und die Prinzessinnen-Szene bieten Lichtblicke. Doch selbst diese können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film insgesamt langweilig und uninspiriert ist. Vollgestopft mit Cameos aus dem Disney-Universum von Star Wars bis Marvel.

Wenn man am Ende des Films fast erleichtert ist, dass er vorbei ist, spricht das nicht gerade für seine Qualität. Chaos im Netz ist zwar visuell beeindruckend, bietet aber inhaltlich viel zu wenig. Ein Film, der das Potenzial hatte, groß zu sein, aber an seiner eigenen Belanglosigkeit scheitert und den tollen ersten Teil der Reihe dadurch sogar etwas schmälert.

Bewertung

Trailer

Informationen

Chaos im Netz | 24. Januar 2019 (Deutschland) 7

Bildrechte: Walt Disney / LEONINE

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