Berlinale Teil 1 – „T2 Trainspotting“ und „Final Portrait“

Vergangenen Donnerstag war es wieder so weit. Die Internationalen Filmfestspiele von Berlin starteten in ihre 67. Runde. Die Berlinale lädt auch dieses Jahr wieder viele Filmschaffende und Filmfans ein, das eisige Winterwetter zu verlassen und es sich in den Kinosesseln bequem zu machen. Mit knapp 400 Filmen im Programm, darunter zahlreichen Weltpremieren, bietet die Berlinale eine bunte Mischung aus verschiedensten Genres. Besonders spannend sind dabei die Wettbewerbsfilme, die sich Hoffnung auf einen der begehrten goldenen Bären machen können.

Mittlerweile ist Halbzeit des Festivals und ich nutze die Zeit euch schon einmal zwei meiner bisherigen Favoriten vorstellen. Beide Filme laufen auf dem Festival zwar außer Konkurrenz, trotzdem lohnt es sich einen genaueren Blick drauf zu werfen. Mein Festival begann am Freitag bereits mit meinem ganz persönlichen Highlight. T2 Trainspotting von Danny Boyle feiert auf der Berlinale seine internationale Premiere. Zu Gast in der Hauptstadt sind Regisseur Danny Boyle, sowie Schauspielerin Anjela Nedyalkova und Schauspieler Ewen Bremner und Jonny Lee Miller.

Zwei Jahrzehnte sind vergangen seit der Geschichte des ersten Films. Mark Renton (Ewan McGregor) kehrt nach dem Tod seiner Mutter zurück nach Edinburgh, wo er auch wieder auf die drei Personen trifft, die er vor zwanzig Jahren um 16.000 Pfund betrogen hat. Entsprechend freudig fällt das Wiedersehen aus. Trotzdem raufen sich Renton, Sick Boy (Jonny Lee Miller) und Spud (Ewen Bremner) erneut zusammen um Sick Boys Idee ein Bordell zu gründen in die Tat umzusetzen.

Als der vierte im Bunde, Begbie (Robert Carlyle) Wind von Rentons Rückkehr bekommt, setzt er alles daran ihn zu jagen und Rache zu nehmen. Gewohnt chaotisch machen sich unsere Helden daran wieder ganz groß ins Geschäft zu kommen.

T2 Trainspotting wird seinen Erwartungen gerecht. Zumindest wenn man den ersten Film kennt und mag. Trotz der zwanzig Jahre die zwischen der Fortsetzung und dem ersten Film Trainspotting (1996) liegen schaffte es das Team um Danny Boyle (Steve Jobs) und Drehbuchautor John Hodge (The Program, Trance) die Figuren erfolgreich ins 21. Jahrhundert mitzunehmen. Gewohnt unverschämt und dreckig nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf. Frei nach dem Motto: älter, aber kein Stück weiser schlagen sie sich in kreativ krimineller Weise durchs Leben.

Oft auf der Geschmacksgrenze tänzelnd wird dabei nichts verschönt. Mehr als einmal geht in Berlin ein amüsiert geschocktes Raunen durch den Kinosaal. Mit viel schwarzem Humor, einer ordentlichen Portion Nostalgie und gewohnt surrealistisch inszenierten Bilder bleibt die Fortsetzung dem ersten Teil treu. Dazu kommt ein großartiger Soundtrack (u.a. mit Young Fathers und Wolf Alice) und T2 Trainspotting bietet eine sehr gelungene Weitererzählung der Kultgeschichte. Fans kommen auf jeden Fall voll auf ihre Kosten und auch die neuen Zuschauer werden ihren Spaß haben an diesen liebenswürdig chaotischen Anti-Helden.

Nummer zwei auf meiner Liste ist Final Portrait von Regisseur und Schauspieler Stanley Tucci. Geoffrey Rush und Armie Hammer brillieren in den Hauptrollen. Der Film erzählt von der wahren Geschichte wie Maler Alberto Giacometti (Geoffrey Rush) im Jahre 1964 den jungen amerikanischen Kritiker James Lord (Armie Hammer) in Paris darum bittet für ihn Modell zu sitzen.

Verabredet waren drei bis vier Stunden, doch schnell merkt der junge Mann, dass es mehr Zeit braucht bis der exzentrische Künstler sein Portrait fertigstellt. Tag für Tag verschiebt er seinen Rückflug nach Amerika, um Giacometti mehr Zeit zu geben. Ein Stück weit naiv gegenüber der Arbeitsweise des Künstlers, aber trotzdem diszipliniert und voller Respekt lässt er die Macken des alten Mannes über sich ergehen. Aus den geplanten Stunden werden Tage und Wochen und nicht nur James‘ Geduld wird auf eine sehr harte Probe gestellt.

Der Film steht und fällt mit einer hervorragenden Performance von Geoffrey Rush. Fast unauffindbar verschwindet er in der Rolle des kratzigen, egoistischen Exzentrikers, wortkarg und immer mit einer Zigarette zur Hand. Im Verlauf des Films treibt er nicht nur James Lord an den Rand der Verzweiflung, sondern auch das Kinopublikum. Ein egoistischer und unsympathischer Charakter ist Giacometti.

Doch gerade in Szenen ohne Dialog schafft es Rush seiner Figur eine faszinierende Vielschichtigkeit zu verleihen. Leider muss auch der Zuschauer schnell feststellen, dass die Geschichte, wie das Bild, sicher kein zufriedenstellendes Ende findet. „Kein Kunstwerk ist je wirklich beendet,“ sagt Giacometti zu beginn zu seinem Modell. Trotz dieser Warnung hofft der Zuschauer bis zum Schluss vergeblich auf einen positiven Ausgang, auf den Funken Inspiration der das Ruder rumreißt und dieses letzte Portrait zur Vollendung führt. Umso nervenaufreibender ist es, wenn abzusehen ist, dass Giacometti mit seiner Aussage Recht behalten sollte.

Stanley Tucci gewährt mit Final Portrait einen Einblick in das Leben eines genialen, wenn auch schwierigen Künstlers. Mit zwei großartigen Hauptdarstellern inszeniert er ein stilles Duell zwischen zwei Männern, aus dem keiner deutlich als Sieger hervorgehen kann. Seine starken Momente findet der Film vor allem zwischen den Zeilen. Und Geoffrey Rush zeigt als Alberto Giacometti was für ein herausragender Charakterdarsteller er ist.

Im nächsten Beitrag stelle ich die Filme von zwei Regisseuinnen vor. Das Geschichtsdrama Viceroy’s House von Gurinder Chadha, in den Hauptrollen Hugh Bonneville und Gillian Anderson, sowie Sally Potter’s Wettbewerbsfilm The Party unter anderen mit Kristin Scott-Thomas, Timothy Spall, Cillian Murphy und Patricia Clarkson.

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