The King’s Speech (2010) | Filmkritik

1925: Prinz Albert, der Duke von York, Sohn von König Georg V., bereitet sich für die Abschlussrede bei der Kolonialausstellung in Wembley, London vor. An seiner Seite seine ihn unterstützende Frau Elizabeth. Doch die tausenden Zuhörer sind fassungslos als Prinz Albert seine Worte nur stotternd über die Lippen bringt. Seine großen Probleme in der Öffentlichkeit aufzutreten, versucht er mit verschiedenen Sprecherziehungen zu überwinden. Der Erfolg bleibt jedoch aus und Albert hat die Hoffnung bereits aufgegeben. Einen letzten Versuch unternimmt seine Frau, als sie sich an den australischen Logopäden Lionel Logue wendet, welcher sich dem schwierigen Fall annimmt.

Während der ersten Sitzung wird schnell klar, dass Lionel ganz eigene Methoden bei seiner Behandlung anwendet. Außerdem besteht er darauf, den Prinzen nicht mit seinem Titel anzureden, sondern nennt ihn stattdessen bei seinem Kosenamen „Bertie“. Zudem besteht er auf die Tatsache, dass Albert mit dem Rauchen aufhört. Nach all diesen Forderungen soll der Prinz Hamlets „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ vortragen, während er über Kopfhörer den Klängen von Mozarts „Le nozze di Figaro“ lauscht. Lionel nimmt dabei den Vortrag von Albert auf und will es ihm anschließend vorspielen und zeigen, dass Albert nicht immer stottert. Doch verärgert über diese Behauptung verlässt der Prinz die Sitzung und möchte keine weitere Behandlung von Lionel. Als Abschiedsgeschenk gibt ihm dieser trotzdem die aufgenommene Platte mit.

Als Prinz Albert seinen Vater, König Georg V., bei dessen jährlicher Weihnachtsrede beobachtet, stellt er fest, dass die Monarchen sich zu geübten Schauspielern entwickelt haben, welche sich dem Volk souverän präsentieren müssen. In einer ruhigen Minute zieht sich Albert zurück und hört sich die Aufnahme von Lionel an. Erschrocken stellt er fest, dass er Shakespeares Hamlet fehlerfrei und ohne stottern vorgelesen hat. Daraufhin kehrt er zu Lionel Logue zurück und beginnt ein ausführliches Training, welches aus verschiedenen Atemübungen und Muskelkontrolle besteht.

Als jedoch König Georg V. im Jahr 1936 stirbt und Alberts älterer Bruder Edward die Position nach kurzer Zeit verlassen muss, soll Albert König des Vereinigten Königreichs von Großbritannien werden. Obwohl sich seine Sprachfähigkeiten schon verbessert haben, hat er noch immer große Probleme mit Reden vor einem Publikum. Doch das Volk erwartet eine Rede ihres neuen Königs.

Das Drehbuch zu The King’s Speech entstand, als sich der britisch-amerikanische Autor David Seidler in kreative Arbeit stürzte, nachdem bei ihm Krebs diagnostiziert wurde. In seiner Kindheit hatte sich Seidler ebenfalls das Stottern zur Gewohnheit gemacht, welches sich seiner Ansicht nach durch das emotionale Trauma des Krieges und der Ermordung seiner Großeltern im Holocaust entwickelt hat. Umso faszinierter war er, als er feststellte, dass auch König Georg VI., ehemals Prinz Albert, der Duke von York, das Stottern überwinden konnte. Dieser König, welcher das selbe Problem überwinden musste und mit einer einzigartigen Leidenschaft und Intensität im Radio zu sprechen vermochte, inspirierte David Seidler und motivierte ihn später zum Drehbuch von The King’s Speech.

Nun wurde diese Geschichte von Regisseur Tom Hooper auf die große Leinwand transportiert, welcher sich bereits bei der zweiteiligen Fernsehproduktion Elizabeth I mit der englischen Königsfamilie befasste und seine Erfahrung mit der Thematik in dem neuen Projekt vollends ausnutzen konnte. Nun erzählt er die ungewöhnliche Geschichte von König George VI. und seinem Problem mit dem Stottern. Dieses recht trocken klingende Thema über die Schwierigkeiten eines Monarchen und seiner Aussprache wird zunächst niemanden ansprechen. Durch exzellente Schauspieler, einem fabelhalften Drehbuch und einer Mischung aus Emotionen und trockenem Humor entsteht jedoch ein wahres Meisterwerk.

Allein die beeindruckenden Schauspieler, welche einen großen Teil des Films auf ihren Schultern tragen, würden den Film sehenswert machen. Allen voran Colin Firth in der Hauptrolle des Prinz Albert, der Duke von York, Sohn von König Georg V., präsentiert dem Zuschauer eine einzigartige Leistung als stotternder Adliger. Seine dargestellte Entwicklung in dem Film reicht dabei von erstaunlich bis hin zu erschütternd. Das Publikum baut die verschiedensten Gefühle für seinen Charakter auf, welche von Mitleid bis Wut reichen und den Zuschauer teils in einem Chaos der Gefühle stehenlassen. Nach der Nominierung für den Oscar 2011 als bester Schauspieler, scheint auch der Gewinn von Colin Firth in eine erreichbare Nähe gerückt zu sein. Aber auch Geoffrey Rush wurde bei den Oscars 2011 bedacht und als bester Nebendarsteller nominiert. Und dies nicht ohne Grund! In der Rolle des Logopäden Lionel Logue sorgt er nicht nur für die emotionale Öffnung des Hauptcharakters, sonder unterstützt den Film auch mit klassischem, trockenen Englischen-Humor, der meist auf die Kosten der Königsfamilie geht.

„My castle, my rules.“

Vereint kreieren beide Schauspieler eine wachsende Freundschaft zwischen zwei Menschen, welche auf Grund ihres sozialen Standes unter normalen Umständen niemals hätte existieren können. Doch nicht nur in den beiden Hauptrollen weist The King’s Speech unglaubliche Auftritte auf, auch die Nebenrollen sind einwandfrei besetzt. Als Frau von König Georg VI. liefert Helena Bonham Carter eine gewohnt ausgezeichnete Leistung ab, genau wie Timothy Spall und Guy Pearce ihre Rollen vorbildlich spielen. Durch und durch wartet der Film mit einer Idealbesetzung auf.

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Außerdem schafft es der Film trotz seiner königlichen Familiengeschichte, weitestgehend lebendig zu wirken und keine allzu große Zeit mit historischen Fakten zu verschwenden.

Dennoch ist sich der Zuschauer in jeder Szene bewusst, in welchem Zeitraum er spielt. Vermittelt wird dies durch die Ereignisse, welche die Hauptcharaktere beeinflussen. Anfangs erfährt man beispielsweise, dass das Radio für die Monarchen ein unverzichtbares Medium geworden ist. Die Herrscher haben sich zu Berühmtheiten entwickelt, welche für das Volk immer in Reichweite scheinen. Zudem werden einem die relevanten Stationen Deutschlands und des heraufziehenden Zweiten Weltkriegs vermittelt.

Zusammengefasst beinhaltet The King’s Speech nicht mehr und nicht weniger als ausgezeichnete Schauspieler, ein makelloses Drehbuch und ein Thema, welches das Publikum zu fesseln versteht. Der perfekte Stoff für ein unvergessliches Filmerlebnis.

Regie: Tom Hooper
Drehbuch: David Seidler
Musik: Alexandre Desplat
Schauspieler: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce, Michael Gambon, Timothy Spall, Claire Bloom

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