BlacKkKlansman (2018) | Filmkritik

BlacKkKlansman

BlacKkKlansman, der jüngste Film von Regisseur Spike Lee, war im vergangenen Jahr in aller Munde. Vielfach wurde er in Feuilletons besprochen und interpretiert – und man war sich einig über die Polit-Komödie des afroamerikanischen Kinoaktivisten, der Rassismus in den USA zu einem der großen Themen seines filmischen Werks gemacht hat, das Filme wie Do the Right Thing (1989) oder Malcom X (1992) einschließt. Nun ist er in drei Kategorien für den Oscar nominiert, unter anderem für den besten Film.

BlacKkKlansman sei, so hieß es, eine körnige Komödie, die historischen mit gegenwärtigen Rassismus gekonnt in Verbindung bringe. Und natürlich ist man zunächst dazu geneigt, einen Film der Themen wie Rassismus, den KKK und die Black Power Bewegung aus afroamerikanischer Sicht behandelt, gut zu finden. Warum der Film aber nicht immer einhält, was er zu versprechen scheint, zeigt sich deutlich.

Um was geht es? In den 70er Jahren sucht man in den USA verstärkt nach Polizeikräften mit Zugehörigkeit zu ethnischen Minderheiten. Afroamerikaner zum Beispiel, da sie sich eignen, die aufkommende Black Power Bewegung zu observieren. So kommt der junge Afroamerikaner Ron Stallworth (John David Washington) zu einer Anstellung als Polizist in Colorado Springs und ist zugleich der historisch erste Afroamerikaner im dortigen Polizeirevier.

Zunächst arbeitet er im Archiv, wo er tagtäglich rassistisch von seinen Kollegen angegangen wird. Schon bald darf er sich aber als verdeckter Ermittler beweisen: Er soll die Veranstaltungen der örtlichen schwarzen Studentenbewegung infiltrieren. Als Afroamerikaner fühlt er sich von den Reden der Aktivisten angesprochen, solidarisiert sich mit der Bewegung und will nun gegen den sich in Colorado Springs formierenden Ku-Klux-Klan ermitteln.

Um Mitglied beim Klan zu werden ruft er ein hochrangiges Klanmitglied an und kann diesem glaubhaft vermitteln, selbst ein waschechter weißer Rassist zu sein. Aufgrund seiner Hautfarbe schickt Stallworth seinen weißen Kollegen Philipp Zimmermann (Adam Driver) zu den Treffen während er weiterhin die Telefonate führt. Gemeinsam infiltrieren die beiden den Klan und versuchen einen geplanten Anschlag auf die besagte Studentenbewegung zu vereiteln.

Stichwort Identitätspolitik: Im Verlauf dieser Handlung ist zunächst die Aushandlung der jeweiligen Identitäten der beiden Protagonisten interessant. Stallworth ist eigentlich ein braver Polizist, der mit Black Power nichts zu tun hat, sich der Bewegung aufgrund seiner eigenen Herkunft aber dann doch nicht entziehen kann. Zimmermann ist jüdisch, hat aber keinerlei Verbindung zum Jüdischen, was der Film nicht müde wird zu betonen.

Erst als er beginnt sich mit den Mitgliedern des KKK zu treffen, die nicht nur rassistisch, sondern auch antisemitisch sind, beginnt er eine jüdische Identität auszubilden. Diese Aushandlung ist in ihrem Ansatz gut, fällt aber bald schon Komik und Slapstick zum Opfer. Dabei ließe gerade diese Identitätspolitik, würde sie weitergeführt, die gesellschaftliche Reflexion zu, dass es vielleicht gar nicht immer das große Extrem braucht.

Vielmehr zwingen Mehrheitsgesellschaften Minderheiten strukturell vielleicht dazu ihre vermeintlichen Identitäten und Stereotype anzunehmen und zu verhandeln. Egal ob man sich ihnen zugehörig fühlt oder nicht. Der Film spart sich derlei Reflexionen, inszeniert lieber den KKK als degenerierten, lächerlichen Verein, der nicht ernst zu nehmen ist und orakelt denkbar plump über die Zukunft daher, die die bereits eingetroffene Gegenwart der Zuschauer darstellt.

Sowieso kann man sich natürlich über die historische Rahmung wundern und fragen warum ein Film, der auf gegenwärtige Verhältnisse eingehen will, in den 70er Jahren spielen muss. Natürlich will Lee damit einen historischen Rahmen spannen, der aufzeigt, dass Rassismus und Antisemitismus in den USA niemals wirklich überwunden wurden. Die frage ist nur, ob ihm das gelingt.

Er beginnt den Film mit Szenen aus Birth of a Nation, D.W. Griffiths rassistischem Stummfilm von 1915, in dem es um die Befreiung der Weißen von jüdisch gelenkten schwarzen Unterdrückern durch die Ritter des Klans geht [sic!]. Nach dem Einspieler tritt Alec Baldwin in Erscheinung, der aktuell besonders für seine Trump Parodien in Talk- und Late-Night-Shows bekannt ist.

Auch hier mimt er eine quasi Version Trumps mit ultrarassistischen und antisemitischen Aussagen. Der Film schließt mit Bildern und reellen Szenen aus Charlottsville. Dort raste 2017 ein Auto in eine Demonstration gegen Rechtsextremisten. Im Zuge dessen leugnete Trump, dass die mit Fackeln durch Städte ziehenden, Hetzjagden veranstaltenden weißen US-Amerikaner, gegen die sich die Demonstration richtete, Rassisten seien.

Auch im tatsächlichen Film gibt es immer wieder reelle historische Verweise. Etwa wenn ein Zeitzeuge (Harry Bellafonte) in allen Einzelheiten erzählt, wie 1915 in einem gesellschaftlichen Happening ein Afroamerikaner zu Tode gefoltert wurde. Währenddessen wird immer wieder zum Eingliederungsritual des Klans geschnitten, bei dem Zimmermann zeitgleich als verdeckter Ermittler teilnehmen muss. Auch die Gegenwart kommt nicht zu kurz. In einer Szene sagt ein Vorgesetzter zu Stallworth, er solle aufwachen, denn irgendwann sitze einer von denen, gemeint ist der Klan, im Weißen Haus. Wer damit gemeint sein kann, leuchtet noch der dunkelsten Birne ein.

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Am problematischsten ist an BlacKkKlansman der Umgang mit der Institution Polizei, die in den letzten Jahren durch Polizeibrutalität gegen Afroamerikaner in den öffentlichen Diskurs geraten ist. Stallworth leidet im Polizeirevier über die gesamte Dauer des Films unter rassistischen Vorfällen, die maßgeblich von einem Kollegen ausgehen, über den man auch erfährt, dass er vor Jahren im Dienst zu unrecht einen Afroamerikaner erschossen hätte, was ihm aber nie zur Last gelegt wurde.

Der Kollege wird in eine Falle gelockt und Überführt. Friede, Freude, Eierkuchen. Die Kritik an dem strukturellen Rassismus der Polizei wird damit in sich aufgelöst. Die Black Panther formierten sich in den 60er Jahren auch, um sich als afroamerikanische Community gegen polizeiliche Übergriffe zu schützen. Und auch die Black Lives Matter Bewegung wurde wegen der polizeilichen Gewalt gegen Afroamerikaner gegründet.

Es geht nicht darum, dass es unter den Polizisten rassistische Einzelfälle gibt, die man loswerden muss, sondern eben um den gesamten polizeilichen Apparat. Das bedeutet nicht, dass alle Polizisten Rassisten sind, die Institution, innerhalb der sie aber agieren, ist es. Ebensowenig bedeutet es, dass man als nicht weiße Person nicht Polizeibeamter werden kann. Dennoch ergibt sich daraus ein Widerspruch. Denkt man zum Beispiel an racial profiling, die polizeiliche Praxis unbescholtene Menschen anhand ethischer Kriterien zu beurteilen und in verschiedene Gefährderkategorien einzuteilen, die es präventiv gesondert zu untersuchen und zu kontrollieren gilt.

Ein Film, der tatsächlich eine politische Agenda verfolgte, hätte diesen Widerspruch Stallworths nicht einfach so ohne Weiteres aufgelöst. Und sowieso macht es sich BlacKkKlansman zu einfach: Dass Trump nicht koscher ist wussten wir bereits und den Ku Klux Klan findet sowieso jeder doof. Eine für den Mainstream komplexere Kritik an den Verhältnissen hätte gut getan.

Trotz guter Ansätze ist der Film zu sehr harmlose Komödie um tatsächlich dezidiert kritisch zu sein. Vieles wurde nicht zu Ende gedacht oder komödiantischem Slapstick geopfert. Die berührenden Szenen, die auf Historisches verweisen, gliedern sich nicht in den Gesamtfilm ein, sondern wirken eher wie politisches Glutamat, das man über eine fade Hollywood-Komödie gestreut hat. Am Ende geht es eben bloß darum ob Stallworth seinen Fall löst und ob er dazu noch die schöne Patrice (Laura Harrier) bekommt.

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