LOMO: The Language of Many Others (2017) | Filmkritik

LOMO: The Language of Many Others

Viele Jugendliche und Erwachsene in unserer Gesellschaft flüchten sich in die Weiten des Internets. Auf der Suche nach Ablenkung bietet die digitale Welt ein Schlaraffenland an Optionen. In Schrift-, Bild- und Videoform verknüpft das Worldwide Web die unterschiedlichsten Menschen mit ebenso positiven wie negativen Folgen.

Auch der Schüler Karl ist ein aktiver Teil der Welt wo Digital Immigrants auf Digital Natives treffen. Anstatt die letzten Wochen der Schulzeit vor dem Abitur mit Lernen und Freunden zu verbringen, investiert er seine freie Zeit in seinen selbst erstellen Blog: The language of many others.

Dort postet er unter anderem auch persönliche Aufnahmen seiner Mutter Krista und Vater Michael sowie Schwester Anna. Natürlich trübt dies denn Alltag der Familie Schalckwyck, die zudem kurz davor ist ihr Haus in einem der wohlhabenderen Bezirke Berlins zu verlieren.

Als Karl sich eines Tages in seine neue Mitschülerin Doro verliebt, scheint sein Bloggen ein Ende zu finden. Auch Doro findet Gefallen an ihrem eigensinnigen und rebellischen Mitschüler, lässt ihn jedoch nach einer kurzen Affäre wieder fallen. Für Karl ist daraufhin klar: Nichts ist wahrhaftig, alles ist Willkür. Desillusioniert beginnt er ein gefährliches Spiel. Er veröffentlicht ein intimes Video von sich und Doro, und lässt mehr und mehr seine Follower die Macht über sein Leben übernehmen.

Die Berliner-Regisseurin Julia Langhof nimmt sich mit LOMO: The Language of Many Others einem bekannten wie auch permanent aktuellen Problem an und kombiniert die Gefahren des Internets mit dem rebellischen Erwachsenwerdens der Figur Karl, welcher die Liebe entdeckt.

Aufgewachsen mit der facettenreichen Welt der Blogs, Social Media und digitalen Communities versucht Langhof mit ihrem Protagonisten Karl ein sozialkritisches Portrait einer Generation zu zeichnen, welches an manchen Stellen doch sehr stark in Klischees verfällt. Voller Vorurteile führt jede mediale Tat zu Konsequenzen, die durchaus als überspitzt bezeichnet werden können.

Die Ansätze der Handlung sind durchaus richtig gewählt und nie war es wichtiger die Folgen der digitalen Fingerabdrücke aufzuzeigen als heute, aber die Moralkeule wie einen entfesselten Morgenstein zu schwingen stiehlt der Geschichte ihre Ehrlichkeit und Authentizität. Auch die Nebenhandlungen lenken vermehrt vom Geschehen ab. Während Karl mit der Liebe und dem Verlassen-werden kämpft, driftet die Story immer wieder in Dialoge und Probleme der Schwester ab und setzt die Eltern und andere Charaktere zu stark in den Mittelpunkt.

Schauspielerisch ist LOMO: The Language of Many Others ebenso eine kleine Achterbahnfahrt. Nachwuchstalent Jonas Dassler in der Rolle des Karl hat durchaus seine intensiven Momente, um im nächsten Moment einen Satz abzuliefern, der wie geradewegs aus dem Drehbuch abgelesen klingt. In Summe überwiegen aber zum Glück seine positiven Auftritte. Ähnlich verhält es sich auch mit seinem Gegenstück Dora, die von Lucie Hollmann (Die Wilden Hühner) verkörpert wird.

Die Femme fatale wickelt Karl immer wieder um den Finger und hat hinter ihrer Fassade mit den eigenen Problemen zu hadern. Leider wird ihr Charakter lediglich angekratzt, ohne dass man wirklich Tiefe erkennen kann. Der restliche Cast schafft es trotzdem keinesfalls dem digitalen Romeo-und-Julia-Pärchen die Schau zu stehlen.

Ansprechende Schauspieler, eine plakative Botschaft und wirre Momenten sorgen dafür, dass LOMO: The Language of Many Others ein schwer einzustufendes Erstlingswerk ist, welches Langhof auf Bild und Ton eingefangen hat. Gerne hätten die 101 Minuten Laufzeit noch provokanter und aktueller sein können und mehr Spielraum für eine eigene Meinung erlauben dürfen.

Handlung:

Bildrechte: Farbfilm-Verleih

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