Detroit (2017) | Filmkritik

Detroit

Regisseurin Kathryn Bigelow gehört zu den wenigen Frauen in Hollywood, die bei großen Produktionen hinter der Kamera sitzen und den Ton angeben. Nach ihrem Oscar-Gewinn 2010 für das Kriegsdrama Tödliches Kommando – The Hurt Locker folgte 2012 der Thriller Zero Dark Thirty. 2017 meldet sie sich nun mit Detroit zurück auf der Bildfläche und präsentiert ein 143-minütiges Drama über die wahren Ereignisse einer Polizeirazzia in Detroit im Jahr 1967, welche zu einem der größten Bürgeraufstände in der Geschichte der USA führte.

Das Land wird von wachsenden politischen und sozialen Unruhen heimgesucht. Während der Vietnam-Krieg eskaliert, wächst in den USA der Unmut über die Ungleichheit und Unterdrückung stetig an. Die afroamerikanische Gemeinschaft hat nicht nur mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen, auch die systematische Diskriminierung durch Polizeibeamte gehört zum Alltag.

Als die Stimmung überkocht und die Menschen auf den Straßen Detroits um ihre Rechte kämpfen, kommt es auf der Anlage eines Motels zu Pistolenschüssen. Die Polizei rückt mit einem Großaufgebot an, um den vermeintlichen Schützen zu stellen. Doch statt sachlich zu ermitteln, kommt es zu einer von Vorurteilen und Gewalt geprägten Razzia, in dessen Folge sich das Verhör zu einer brutalen und lebensgefährlich Tortur entwickelt.

Die anwesenden Motelgäste müssen sich mit dem Kopf zur Wand gerichtet einem gefährlichen Verhör unterziehen – in Isolation sollen sie durch Einschüchterung zum Geständnis gedrängt werden. Das lebensbedrohliche Machtspiel eskaliert und bringt schwerwiegende Folgen mit sich, wodurch die Frage aufkommt, wer am Ende der Nacht das Motel überhaupt noch lebend verlassen wird.

Wer ein Werk von Bigelow gesehen hat, weiß, dass die Frau ihr Handwerk versteht und meist ein intensives Spiel auf die Leinwand zaubert. So auch in Detroit. Ein Großteil der Handlung spielt sich in einem dreckigen Motel ab, wo die Situation zwischen Polizei und Afroamerikanern jede Sekunde zu eskalieren droht.

Umrahmt wird diese Geschichte mit einer Einleitung in das Thema, welche durch echte Aufnahmen der Zeit verstärkt wird, und einem Ende im Gerichtssaal, bei welchem Täter und Opfer definiert werden sollen. Gerade das Ende des Films wertet den Film jedoch stark ab, da immer wieder Endpunkte eintreten, nur um die Geschichte doch noch weiterzuerzählen. Man könnte gar meinen, dass Bigelow hier keinen Schlussstrich finden konnte oder wollte. Mit knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit wäre das politische Drama letztendlich dann doch abkürzbar gewesen.

Schauspielerisch gut besetzt gibt es mehrere Figuren, die durch den Film begleiten. John Boyega (Star Wars: Episode VII) in der Rolle des afroamerikanischen Wachmanns Melvin Dismukes, der in die Razzia hineingezogen wird, leistet einen fabelhaften Job, während auf der Seite der Polizei Will Poulter (The Revenant) als rassistischer Beamter Philip Krauss den Hass gekonnt auf sich zieht. Algee Smith als Sänger Larry Reed, John Krasinski und Jack Reynor in Polizeiuniform oder Hannah Murray als weiße Frau in einem afroamerikanischen Motel bereichern den Cast zudem.

Trotz der verschiedenen Situationen und Seiten, die alle im Chaos der Nacht agieren, verliert der Film zu keinem Zeitpunkt seine Übersicht. Die wackelige und teils unscharfe Kamera hilft dabei zwar nicht, aber stört das Sehvergnügen auch nicht allzu intensiv. Zudem entwickelt der Film dadurch einen deutlich authentischeren Look, der dem Publikum das Gefühl gibt aus Versehen in die Situation mit hinein gestolpert zu sein.

Stilbrechend gibt es jedoch zwischen Gewalt und Tränen ein paar Momente, in welchen Detroit, gewollt oder ungewollt, eine humoristische Note erhält. In einer Situation, in welcher alle Anwesenden die Kontrolle verloren haben und ein Kampf ums Überleben entstanden ist, wahrlich nicht die richtige Entscheidung, sondern eher störend und unpassend gesetzt.

Detroit spricht abermals ein Thema an, welches in der heutigen Zeit erschreckend aktuell ist. Nachdem erst kürzlich Loving (2017), Selma (2014) oder Lincoln (2012) die Rechte der afroamerikanischen Bevölkerung thematisierten, prangert Detroit abermals an, welch schwieriger Weg noch vor uns liegt, bedient sich dabei aber keinesfalls einem einfachen schwarz-weiß Muster, in welchem Gut und Böse einfach zu trennen sind.

Regie: Kathryn Bigelow
Drehbuch: Mark Boal
Musik: James Newton Howard
Darsteller: John Boyega, Will Poulter, Algee Smith, Jason Mitchell, John Krasinski, Anthony Mackie

Handlung:

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