The Promise (2017) | Filmkritik

Am Vorabend des Ersten Weltkrieges stand das einst so mächtige, türkische Osmanische Reich kurz vor einem Zusammenbruch. Das Schicksal der griechischen, assyrischen und armenischen Minderheiten des Landes stand auf Messers Schneide.

Mit diesen Worten beginnt das historische Liebesdrama The Promise – Die Erinnerung bleibt von Regisseur Terry George, dem Kopf hinter Hotel Ruanda (2004) und Ein einziger Augenblick (2007). 101 Jahre nach den Massakern hat Deutschland mit der Verabschiedung einer Resolution seine historische Mitverantwortung am Völkermord an den Armeniern anerkannt, während die Türkei weiterhin das Massaker, welches 1915 und 1916 stattfand, nicht als Völkermord ansieht. 1,5 Millionen Ermordete forderte der Genozid unter der Verantwortung der Regierung des Osmanischen Reichs.

The Promise erzählt die Geschichte des armenischen Volkes und schmückt sie dabei mit einer leidenschaftlichen Dreiecksgeschichte aus, die inmitten einer weltgeschichtlichen Katastrophe stattfindet.

Konstantinopel 1914: Der begabte Medizinstudent Michael (Oscar Isaac) hat die Mitgift seines Schwiegervaters genutzt, um in der lebendigen und multikulturellen Hauptstadt des Osmanischen Reiches sein Studium zu absolvieren und die Kunst des Heilens zu erlernen. Während er bei dem reichen Bruder seines Vaters unterkommt, wartet seine Verlobte in der Heimat auf seine Rückkehr.

Als die attraktive Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon) gemeinsam mit ihrem Geliebten, dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers (Christian Bale), aus Paris eintrifft, verliebt sich Michael nach kurzer Zeit Hals über Kopf in sie.

Verbunden durch ihre gemeinsamen armenischen Wurzeln entfacht zwischen Ana und Michael eine unbeschreibliche Anziehungskraft, der Beginn einer leidenschaftlichen und doch verbotenen Liebe. Schnell werden alle Beteiligten des Liebeschaos‘ jedoch von der harten Realität des eskalierenden Krieges eingeholt und müssen aufgrund eines drohenden Genozids auf der Flucht bald nicht nur füreinander, sondern auch ums nackte Überleben kämpfen. Schafft es die Liebe sich auch in dieser Zeit einen Weg zu bahnen?

Mit einer Mischung aus Schindlers Liste (1993) und der Romantik von Der englische Patient (1992) erzählt The Promise von einem dunklen Kapitel, das in Filmen heutzutage kaum eine Rolle spielt oder erst gar nicht Existent ist. Über zwei Stunden verfolgt man das Leben des fiktiven armenischen Studenten Michael Boghosian, der ebenso mutig wie heldenhaft für sein Volk einsteht. Ähnlich rühmlich agiert auch der amerikanische Journalist Chris Myers, der gekonnt Kinder rettet und nur selten seine Fassung verliert. Beide Männer werden durch und durch heldenhaft präsentiert, wenn die Liebesgeschichte nicht zugegen wäre.

Hat doch Michael eine Verlobte in der Heimat, welcher er die Ehe geschworen hat und Myers lässt nach ein paar Getränken seinem Frust freien Lauf. In der Mitte der Männer steht die liebevolle Ana, welche mit ihren Entscheidungen zwischen den Männer wechselt wie ein Spion die Seiten im Krieg. Abseits der durch und durch grausamen und brutalen Verfolgung und systematischen Ausrottung durch die Türken wirkt dieses Liebesspiel leider dann doch sehr gekünstelt und hätte als Nebengeschichte ohne allzu große Bedeutung wahrscheinlich besser in den Gesamtkontext dieses noch immer heiklen Themas gepasst.

Schauspielerisch übernimmt der US-amerikanische Schauspieler guatemaltekischer Herkunft Oscar Isaac die Hauptrolle. Zuletzt war dieser in den Blockbustern X-Men: Apocalypse (2016) und Star Wars: Das Erwachen der Macht (2015) zu sehen. Abseits der CGI-Schlachten spielt er nun in einem historischen Werk und macht seine Arbeit auch hier gekonnt ansehnlich. Etwas rasant wird jedoch seine Entwicklung während der Kriegsjahre dargestellt, so dass sein Leiden im Straflager zu schnell abgehandelt wird und keine Zeit für den Ausdruck der erlebten Qualen einräumt. Trotzdem kauft man seiner Rolle in den meisten Szenen die Trauer und Angst vor dem Krieg ab.

Sein Konkurrent Chris Myers, dargestellt durch Oscar-Preisträger Christian Bale (The Figther), läuft nach anfänglichen Problemen mit der Zeit richtig heiß. Ein wahrer Kämpfer für die Freiheit, der für Pressefreiheit und den Schutz anderer Menschen töten lassen würde. Etwas zu märchenhaft wird sein Handeln präsentiert, wodurch man letztendlich gar nicht mehr weiß, wer nun eigentlich mit der schönen Ana anbandeln soll. Ein wohl gewollter Schachzug.

Ana, verkörpert durch die kanadische Schauspielerin Charlotte Le Bon (Bastille Day), spielt zu Beginn leicht und fröhlich auf. Durch die komplexe Erzählstruktur taucht sie jedoch im mittleren Teil stark ab und kehrt erst zum Ende des Films zurück, ohne sich nochmals durch ihr Schauspiel auszeichnen zu können. In einer Nebenrolle ist Marwan Kenzari zu sehen, der kürzlich als Jafar in der Realverfilmung von Disneys Aladdin von Guy Ritchie bestätigt wurde. Man darf sich auf ein Wiedersehen mit ihm freuen, auch wenn er in The Promise nicht den Bösewicht mimt, sondern den ehrenhaften Freund und Wegbegleiter.

Die Schwächen des Films zeigen sich am deutlichsten über die gesamte Laufzeit betrachtet. Das Wechselspiel der Handlung lässt oftmals wichtige Figuren vergessen und in den Hintergrund geraten. Historische Ereignisse weichen Liebesgeschichten und teils langatmige Szenen verdrängen entscheidende Aussagen. The Promise zählt eine ebenso relevante wie wichtige geschichtliche Thematik, verstrickt sich aber das ein oder andere Mal in Nebensächlichkeiten. Die wichtigste Botschaft aber beendet den Film:

Die Macht dieser Erde will ich sehen, die diese Rasse zerstören kann. Diesen kleinen Stamm unbedeutender Menschen, die all ihre Kriege gekämpft und verloren haben. Deren Strukturen zerbrochen sind, deren Bücher ungelesen sind, deren Musik ungehört bleibt und deren Gebete nicht mehr erhört werden.

Na los, zerstört Armenien. Mal sehen, ob ihr es schafft.

Und dann sollt ihr sehen, wie wir wieder lachen, singen und beten. Denn wenn irgendwo auf der Welt zwei Armenier aufeinandertreffen, dann werden sie ein neues Armenien aufbauen. – William Saroyan

Trailer

Cast & Crew

Regie: Terry George
Drehbuch: Terry George, Robin Swicord
Musik: Gabriel Yared
Darsteller: Oscar Isaac, Charlotte Le Bon, Christian Bale, Daniel Giménez Cacho, Shohreh Aghdashloo, Rade Šerbedžija

Bewertung

Ähnliche Beiträge

Erster Trailer zum Netflix-Film „Bardo“ von Alejandro G. Iñárritu

Erster Trailer zum stargespickten Leinwandspektakel „Amsterdam“

The Card Counter (2021) | Filmkritik