The Program – Um jeden Preis (2015) | Filmkritik

In den 1990er Jahren ist Lance Armstrong noch ein durchschnittlicher Bergfahrer, der den ein oder anderen Etappensieg feiern kann. 1996 erkrankte er an dann an Hodenkrebs und ein Karriereende schien unabwendbar. Doch mit einem eisernen Willen und unbändiger Leidenschaft besiegt er die Krankheit und schwingt sich erneut auf den Sattel.

Im Jahr 1998 kehrte Lance dann zurück und wird ab 1999 von einem Reporter namens David Walsh begleitet. Armstrongs Tour-Siege von 1999-2005 waren in Walshs Augen absolut unmöglich und dies versuchte der Reporter genauer zu überprüfen.

Walsh unterstellte Armstrong die Einnahme leistungsfördernder Substanzen und es entwickelte sich ein Streit zwischen ihm und den Armstrong-Anhängern. Er entdeckte, dass der US-Amerikaner von dem italienischen Arzt Michele Ferrari behandelt wurde. Gegen Ferrari wurde derzeit wegen der Förderung von Doping im Profisport ermittelt.

Viele möchten den Radsportler als Musterbeispiel für einen amerikanischen Helden darstellen, der nach seiner Krebserkrankung zurückkehrte und die Tour de France, die für viele die härteste Veranstaltung der Welt ist, dominierte. Der Journalist David Walsh zweifelt jedoch an dieser Illusion und setzt alles daran die Wahrheit ans Licht zu bringen.

The Program – Um jeden Preis ist eine britisch-französische Biografie aus dem Jahre 2015, die unter der Regie von Stephen Frears gedreht wurde. Der Fall Armstrong ist eine der größten medialen Sportgeschichten der letzten Jahre und jeder hat sicher schon einmal etwas über diesen Skandal gehört. Der Film ist leider nur geringfügig informativ und liefert dem Zuschauer keinerlei neue Informationen oder interessante Gedankengänge, die einen näher mit der Sache vertraut machen würden.

Beispielsweise fehlt vollkommen eine Erklärung, warum Lance Armstrong anfing zu dopen. Dies stellt für mich die Basis der großen Armstrong Lüge dar und ist für eine Biographie unumgänglich. Eventuell nahm er leistungsfördernde Substanzen, um zu gewinnen, wie jeder andere, oder er wollte allen nach seiner schweren Krebserkrankung zeigen, dass der große amerikanische Traum noch möglich ist. Dieser entscheidende Ansatz wird im Film jedoch vollkommen ignoriert und stellt eines der größten Mankos dar.

Des Weiteren bezieht sich The Program nur am Rande auf die sportlichen Ereignisse von damals. Die Etappen werden nur kurz angeschnitten und die Geschichte durch einen dokumentarischen Stil weitererzählt. Ein weiterer Kritikpunkt des Films ist die schwache Darstellung seiner damaligen Konkurrenten wie beispielsweise Jan Ulrich, der der große Rivale Lance Armstrongs war. In The Program kommt Ulrich kaum vor und die Duelle zwischen den beiden werden auch nicht gezeigt. Das ist sehr enttäuschend und der absolut falsche Ansatz, denn Radsportfans, die in den letzten Jahren durch die vielen Doping-Skandale keine Fans mehr sind oder Personen, die dem Radsport wieder eine Chance geben möchten, erwarten in einem Radsportfilm gute Radsportszenen. Die hat der Film in keinem Ansatz zu bieten.

Das Hauptaugenmerk legt Regisseur Stephen Frears, der zuvor durch Biographien wie Die Queen (2006) Bekanntheit erlangte, auf die scheinbar unehrliche Person Armstrongs. Doch seine Intentionen und die Folgen seiner schweren Lügen kommen viel zu kurz. Spannung kommt nie richtig auf und die Filmbiografie wirkt lahm und unelegant. Die gesundheitlichen und wissenschaftlichen Aspekte beschreibt der Film teilweise, aber nicht mit einer gewünscht konsequenten Stärke. Es werden keine Zahlen genannt, inwiefern Doping für die Radsportler leistungsfördernd ist. Der Regisseur leitet keine eigenen Gedankengänge oder Anregungen ein, welche dem Film theoretische oder wissenschaftliche Aspekte geben könnten.

Außerdem kommen die Emotionen und Glorifizierungen eines Helden, der Lance damals schlicht und ergreifend war, viel zu kurz. Seine sieben Titel bei der Tour de France werden nicht ausgiebig genug zelebriert. Gerade hier hätte man verstärkt Emotionen aufbauen können, so dass der Zuschauer zumindest etwas mitfiebern kann.

Ebenso sind die negativen Ereignisse in seiner Karriere mit mangelnder Intensität gezeichnet. Beispielsweise sind seine Krebserkrankung und die Aberkennung seiner sieben Tour-Siege als kritische Wendepunkt eines Menschen anzusehen, doch der Film spielt diese Punkte nur kurz an. Auch schauspielerisch kann Ben Foster (The Mechanic) als Lance Armstrong nur bedingt überzeugen. Einige Sequenzen sind gut gespielt, einige wiederum nicht. Ansonsten ist die Leistung von Jesse Plemons (Black Mass) als Floyd Landis akzeptabel, aber eben auch keine Schauspielkunst, an die man sich lange zurückerinnern würde.

Die sonstigen Akteure des Casts können ebenfalls nicht herausstechen und so bleibt alles in Allem jede andere Dokumentation über Lance Armstrong viel informativer als dieser enttäuschende Film von Stephen Frears. Radsportfans werden von diesem Werk ebenso enttäuscht sein wie einst von Lance Armstrongs Dopingbeichte.

Regie: Stephen Frears
Drehbuch: John Hodge
Musik: Alex Heffes
Darsteller: Ben Foster, Chris O’Dowd, Guillaume Canet, Jesse Plemons, Lee Pace, Denis Ménochet, Dustin Hoffman

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