Die Macht ist immer noch stark in dir, George Lucas! Das hofften im Jahre 2002 Millionen ernüchterter Kinogänger nach dem ebenso heiß erwarteten wie letztendlich enttäuschenden Start der Prequels mit Episode I – Eine dunkle Bedrohung drei Jahre zuvor. Und so hegten nicht nur hartgesottene Fans die Hoffnung, Episode I wäre bloß ein einmaliger Fehltritt im kreativen Schaffen ihres verehrten Regie-Masterminds. Die spannende Frage war also: Gelingt George Lucas mit Episode II – Angriff der Klonkrieger die Abkehr vom kindisch-albernen, seelenloses CGI-Kino und die Rückkehr zur Magie der Ursprungs-Trilogie?
Ja, er hat aus einigen seiner Fehler gelernt und macht aus Episode II einen weniger kindischen Film. Und ja, er schlägt einen etwas anderen Ton an. Aber, dass er einen in seiner Gesamtheit besseren Film macht, muss man leider eindeutig verneinen. Was angesichts der gesunkenen Erwartungshaltung und der niedrigen Messlatte seines Vorgängers eigentlich wirklich traurig ist. Die Fallhöhe ist hier zwar nicht mehr so hoch wie beim Vorgänger und doch: Von der Magie der alten Star Wars-Filme ist George Lucas leider auch mit dem zweiten Teil der Prequel-Reihe soweit entfernt wie Jar-Jar Binks von der Weisheit Yodas.
Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger setzt ganze zehn Jahre nach den Ereignissen aus Die dunkle Bedrohung an und zeigt eine vom Konflikt mit der Handelsföderation zerrüttete Republik. Als die mittlerweile zur Senatorin bestellte Padme Amidala einem Mordanschlag nur knapp entgeht, setzen der Jedi-Orden und Kanzler Palpatine die Jedis Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) sowie seinen Padawan Anakin Skywalker (Hayden Christensen) zu ihrem Schutz ein.
Während Obi-Wan sich auf einem weit entfernten Wasserplaneten um die Aufklärung der Verschwörung bemüht, kommen sich Padme und Anakin bei einem Ausflug auf Padmes Heimatplaneten Naboo näher. Da es Jedis und Senatoren jedoch verboten ist zu lieben, drohen diese neu entflammten Gefühle jedoch sogleich in einem Konflikt aus Pflichtgefühl, verbotener Liebe und Anakins Verlustängsten zu ersticken. Die Lage wird immer verzweifelter, als Obi-Wan bei seinen Recherchen auf eine mysteriöse Armee von Klonen stößt und offenbar wird, dass dunkle Mächte im Verborgenen einen Krieg ungeahnten Ausmaßes vorbereiten, der das Schicksal der gesamten Galaxis zu beeinflussen droht…
Unser aller Star Wars-Papst George Lucas hat sich nun also entschieden, in der Handlung einen Sprung nach vorne zu machen und sich langsam aber sicher der Wandlung des unschuldigen jungen Anakin Skywalker hin zur dunklen Seite der Macht zu widmen. Anakin Skywalker ist jetzt also kein kleines, bei Zeiten nerviges und besserwisserisches Kind mehr, sondern ein junger Erwachsener. Ein waschechter Jedi mitsamt eigenem Laserschwert, eigenen Fähigkeiten und – definitiv – eigenen Ansichten. Das ganze gibt dem Film im Vergleich zum vorherigen einen geringfügig ernsteren Touch und ist ein deutliches Zeichen, dass sich George Lucas hier in der Tat darauf fokussieren wollte, eine Charakterentwicklung in den Vordergrund zu stellen. Betrachtet man die Star Wars-Filme, oder zumindest die Prequels zusammenstehend, ist diese Entscheidung auch absolut sinnvoll, wenn nicht gar längst überfällig: Schließlich ist das Zentrum der drei Prequel-Teile die Figur des Anakin Skywalker und sein Pfad zur dunklen Seite. Kluge Entscheidung also, George!
Im Kern dieser zweiten Episode steht demzufolge Anakin Skywalker mitsamt seinen Gefühlen, Entwicklungen und Beziehungen zu anderen Charakteren. Eine weniger kluge Entscheidung von George Lucas ist es in der Folge allerdings, der hier auch das Drehbuch schrieb, es dem Zuschauer relativ schwer zu machen, ihn als Hauptfigur des Films zu mögen.
Der immer noch sehr junge Jedi ist hier leider den gesamten Film hindurch an der Grenze zur Unausstehlichkeit. Es ist ja richtig, ihm eine arrogante Seite zuzuschreiben und seine innere Zerissenheit darzustellen. Aber der Anakin Skywalker aus Episode II ist entweder ein arroganter, widerspenstiger Besserwisser, eine maulige Diva oder, wenn es um seine Gefühle für Padme geht, ein absolut creepiger Stalker! Alles im Prinzip schön und gut. Macht ja auch Sinn, wenn man bedenkt, dass er aus eben diesen Motiven irgendwann zur dunklen Seite übertritt. Aber wer ihn zur Hauptfigur dieses zweiten Films macht und will, dass der Zuschauer Empathie für ihn zeigen soll, dann muss auch irgendwas da sein, mit dem der Zuschauer überhaupt sympathisieren oder geschweige denn mitfühlen kann. Dieses Manko leitet direkt über zu einem der nächsten großen Schwachpunkte des Films: Hayden Christensen. Ja, es sind unfassbar undankbare, weil dümmliche, Dialogzeilen, die er hier von sich geben darf. Aber sein Schauspiel macht es leider in keinster Weise besser. Im Gegenteil! Die Mimik, die der gute Herr hier immer wieder präsentiert, lässt den geneigten Filmschauer immer wieder in Fremdscham und Verwunderung erschaudern. An dieser Stelle von einer Fehlbesetzung zu sprechen ist daher wohl kein allzu weit hervorgeholter Vorwurf. Aber genug auf den guten Hayden eingeprügelt, gibt es weitere Vorwürfe? Leider ja.
Zwar weniger gravierend als bei Episode I muss man auch hier wieder den Vorwurf vorbringen, dass sich Lucas vor lauter Plots und Figuren dramaturgisch verhebt und dem Film keinen echten Protagonisten spendiert. Es wird zwar deutlich und ist für Kenner der anderen Filme auch klar, dass Anakin Anker der Story ist und sein soll, aber um wirklich als Kern der Handlung zu funktionieren, bekommt seine Geschichte zu wenig Screentime und geht im Wust der Effekte und Schauplätze unter. Ohnehin ist ein 10-jähriger Zeitsprung in der Handlung gewagt. Die elementare Beziehung zwischen Obi-Wan und Anakin, die ja gegen Ende des letzten Films gerade mal angekündigt wurde, ist hier bereits von vornherein etabliert und vorausgesetzt. Die Einleitung in das möglicherweise nicht ganz einfache Verhältnis zwischen den zwei Jedis handelt Lucas hier in einer zwei-minütigen Fahrstuhl-Sequenz ab in der kurz angerissen wird, wer wen wo mal auf irgendwelchen Monden gerettet hat. Soviel zu den letzten zehn Jahren Lehrer-Padawan-Beziehung.
Ohnehin ist die Darstellung der Obi-Wan-Anakin-Beziehung reichlich oberflächlich geraten. Der gute Obi-Wan darf im gesamten Film immer wieder kleine One-Liner absondern, die vermutlich witzig gemeint sind, aber deren Witz leider nicht so ganz ankommt und den schmalen Grat zwischen lässig und lächerlich zu oft überschreitet. Immerhin hat Lucas sich aber entschieden den Humor insgesamt im Vergleich zu Epsiode I merklich zurückzufahren und, dem Himmel sei Dank, Jar Jar Binks Rolle drastisch zu reduzieren. Das darf man getrost unter „Positiv“ vermerken. Unter den weiteren negativen Punkten darf man dann aber leider noch das ein andere mehr eintragen. Beispielsweise, dass das Tempo des Films in seiner Dramaturgie unausgeglichen ist und durch unnötig lange und bedeutungslose CGI-Actionszenen in die Länge gezogen wird. Als Exempel seien hier mal die Verfolgungsjagd in Coruscant und die geradezu grotesk computerspielartige Sequenz in der Droidenpresse genannt.
Ein weiterer Wermutstropfen ist die Tatsache, dass hier der Bösewicht ganz, ganz schwach ist. War in Die dunkle Bedrohung mit Darth Maul ein guter Bösewicht einfach verschenkt, ist es mit Count Dooku hier schlicht und ergreifend ein zu blasser Gegenspieler für unsere Helden. Dass er sowieso erst nach 1 Stunde und 20 Minuten die Bildfläche betreten darf; spielt ihm dabei nicht gerade in die Karten. Nachdem sich zuvor Jango Fett daran versuchen durfte, den Protagonisten das Leben schwer zu machen, dabei jedoch außer einem grimmigen Gesicht und der Flucht von Kamino nicht viel zustande bringen kann, taucht irgendwann also Dooku auf. Der vom ehrwürdigen Christopher Lee verkörperte Sith Lord erweckt jedoch nie die bösartige Bedrohlichkeit eines überlegenen Fieslings, wenn er auf Geonosis herumstolziert und von der Macht seiner Pläne fabuliert. Wenn es schließlich zum großen Showdown in einem abgelegen Hangar kommt und das für Star Wars obligatorische Duell mit dem Laserschwert vonstattengeht, wird einem erst richtig bewusst, dass in Sachen Bösewicht und Schwertkampf hier der Tiefpunkt der Saga erreicht ist.
Es mag auch dem Alter von Christopher Lee geschuldet sein, aber die Choreografie und Dynamik der finalen Konfrontation ist so fürchterlich hölzern und spannungsarm, dass man sich beinahe Michael Bay herbei sehnt, damit endlich mal was passiert. Wenn dann endlich Yoda auftaucht, um das erste Mal in der gesamten Saga mit Lichtschwert in Aktion zu treten, ist der Kampf so unspektakulär und mir nichts dir nichts wieder vorbei, dass man sich fragt ob die Macher hier vielleicht ein paar Szenen im Schneideraum vergessen haben. Festhalten muss man aber immerhin, dass der animierte Yoda hier wirklich gelungen aussieht und eine gute Figur macht, wenn er wild herum hopst und springt wie ein Flummi. Warum er im restlichen Film einen Gehstock braucht, wenn er doch noch ganz quietschfidel ist, sei mal unter „Star-Wars-Mysterien“ abgehakt.
Aber genug gemeckert! Angriff der Klonkrieger hat längst nicht alles schlecht gemacht. Was also gibt es Positives über Episode II zu vermelden?
Zu aller erst ist natürlich einmal mehr der donnernde Soundtrack von John Williams ein Ohrenschmaus. Allen Fans der Trilogie, gerade der legendären alten Teile, wird es eine Gänsehaut bereiten wenn im Film an einigen Stellen der „Imperial March“ erklingt. Zusätzlich dazu ist es angenehm, dass George Lucas hier einen zumindest etwas ernsthafteren Ton anschlägt und der Film nicht mehr ganz wie einer wirkt, um Spielzeuge an Kinder zu verkaufen. Es ist zwar nach wie vor ein reinster Reigen an Green-Screen und CGI-Szenarien und Akteuren, aber aus dem Jahr 2015 heraus betrachtet ist besonders das Schlachtengetümmel am Ende überraschend gut gealtert. Auch was den Unterhaltungswert angeht, wissen die Schlachten der Klonkriege zu überzeugen und bieten allerhand Spektakel. Selbiges lässt sich auch über die Verfolgungsjagd zwischen Obi-Wan und Jango Fett sagen. Man sieht anhand dieser Beispiele, dass auch Episode II immer wieder starke Momente hat und das erwartete Effektspektakel bietet.
[asa film]B013IL2870[/asa]
Unter all dem starken Effektgewitter bietet sich dann sogar auch ein emotional starker Moment. Wenn Anakins Mutter in seinen Armen stirbt und er daraufhin die verantwortlichen Tusken-Räuber abschlachtet, sind Wut und Trauer zu spüren. Leider, leider, leider gibt es zu wenige Szenen, die so emotional packend sind innerhalb der Fülle an Spektakel, Figuren, Effekten und Schauplätzen, welche George Lucas hier auffährt. Man wird nach der zweiten Prequel-Enttäuschung das Gefühl nicht los, George Lucas habe im Grunde gar kein ausgeprägtes Interesse an Charakteren und Emotionen, sondern ist mehr oder weniger Sklave seiner überbordenden Fantasie, die sich im übermäßigen Gebrauch von ausgefallenen computergenerierten Welten und Kreaturen widerspiegelt.
Was auch immer nun denn das ominöse Star-Wars-Gefühl ist, dass Episode IV bis VI hervorrufen, die beiden ersten Prequel-Werke können es nicht wieder aufleben lassen. Der Angriff der Klonkrieger ist zwar weniger enttäuschend als der Vorläufer, aber das liegt letztendlich nicht an der eigenen Qualität sondern bloß an den gesunkenen Erwartungen. Der fünfte Film im Star Wars-Universum ist freilich immer noch ein Star Wars-Film und man findet ihn dementsprechend irgendwie noch cool, auch weil er genügend Spektakel bietet, um als unterhaltsam zu gelten. Ein wirklich runder und gelungener Film ist er aber deshalb noch lange nicht. Dabei scheitert er nicht einmal daran, dass er der Mittelteil einer Trilogie und somit ohne echten Anfang und Ende, ist, sondern schlichtweg, weil er weder emotional, noch dramaturgisch, und nur teilweise visuell ein guter Film ist.
Regie: George Lucas
Drehbuch: George Lucas, Jonathan Hales
Musik: John Williams
Darsteller: Ewan McGregor, Natalie Portman, Hayden Christensen, Ian McDiarmid, Samuel L. Jackson, Christopher Lee, Anthony Daniels, Kenny Baker, Frank Oz