Traumfrauen (2015) | Filmkritik

Die ordnungsliebende Leni Reimann (Hannah Herzsprung) dachte eigentlich, dass ihr Leben sich auf dem besten Weg zu einer erfüllten Beziehung befindet. Diese Vorstellung wird allerdings zunichte gemacht, als eine Bekannte beim Skypen im Hintergrund ihres Lebensgefährten auftaucht – und zwar fast nackt! Damit ist es dann leider aus mit den Plänen vom Zusammenziehen, mit der Liebe und überhaupt mit der Aussicht auf ein wohlgeordnetes Leben.

Zum Glück findet sie in der WG ihrer Schwester Hannah (Karoline Herfurth) einen Unterschlupf, wo sie sich ausweinen kann. Dabei ist die angehende Juristin eigentlich schon mit ihren eigenen Problemen in der Anwaltskanzlei überfordert.

Glücklicherweise weiß Hannahs Mitbewohnerin Vivienne (Palina Rojinski) Rat: Nur Sex kann über Liebeskummer hinweghelfen – und zwar mit vielen verschiedenen Männern, damit man sich gar nicht erst wieder in einen Neuen verlieben kann. Nach dieser Theorie müsste Leni aber Josef (Elyas M’Barek) gleich nach ihrer ersten Begegnung schon wieder abschießen…

Nebenbei hat auch Lenis Mutter Margaux (Iris Berben) Probleme mit der Neuausrichtung ihres Lebens, nachdem sie von ihrem Mann nach 30 Jahren Ehe für eine Jüngere verlassen wurde. Sie versucht sich nun erst einmal wieder allein in der modernen Welt zurechtzufinden, indem sie einen Computerkurs belegt – und prompt ebenfalls einen netten Herrn (Christian Tramitz) kennenlernt. Für die beiden Frauen beginnt eine Zeit der Selbstfindung, in der sie lernen müssen, ihr bisheriges Leben und ihre Zielsetzungen zu hinterfragen und den Mut zu finden, auch mal vom scheinbar idealen Weg abzukommen.

Anika Decker war an den Drehbüchern zu einigen der größten deutschen Kinofilme der vergangenen Jahre beteiligt. Nach Erfolgen wie Keinohrhasen, Zweiohrküken und Rubbeldiekatz legt sie nun ihr erstes komödiantisches Regie-Projekt vor, in welchem sich die Traumfrauen Hannah Herzsprung, Karoline Herfurth, Iris Berben und Palina Rojinski auf die Suche nach dem Glück begeben. Der Trailer lässt nicht vermuten, dass Decker mit Traumfrauen direkt an die Erfolge der Schweigerfilme anknüpfen wolle. Vielmehr erweckt die leichte Komödie über Liebe, Chancen und den Glauben an sich selbst den Anschein, als wäre es eine Herzensangelegenheit der Regisseurin.

Den Zuschauer erwartet geballte Frauenpower, denn mit gleich vier Hauptdarstellerinnen ist die weibliche Gefühlswelt in vielen Facetten dargestellt. Anika Decker konzertiert sich nicht nur auf ein gebrochenes Herz, sondern offenbart dem Zuschauer in vierfacher Hinsicht die Leiden der weiblichen Großstadt-Singles, die an sich zwar paarungswillig sind, jedoch erst einmal Bindungsängste, Liebeskummer oder mangelndes Selbstbewusstsein überwinden müssen.

Hannah Herzsprung (Who Am I) erwischt ihren Freund beim Fremdgehen, Karoline Herfurth (Fack Ju Göhte) hat eine unglückliche Affäre mit einem Kollegen, Iris Berben (Miss Sixty) wurde von ihrem Mann für eine jüngere Frau verlassen und Palina Rojinski (Männerherzen) meint dagegen, sich durch ganz Berlin schlafen zu müssen.

Story und Charakterzeichnungen sind von Beginn an relativ platt und die Entwicklung vorhersehbar. Außerdem bedient sich der Film zahlreichen Klischees. Gut, das dachte man bei Fack Ju Göhte zu Beginn wahrscheinlich auch, bevor sich dieser zum Erfolgsfilm des Jahres 2013 mauserte. Doch auch das Wiedersehen der beiden Darsteller Karoline Herfurth und Elyas M´Barek kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Traumfrauen viele Witze schlichtweg nicht lustig sind und leider gleich drei von vier Protagonistinnen in sich gesunkene Pessimistinnen sind, die sich von Männern abhängig machen und sich einreden sie wären dick und hässlich.

Das ist in der ersten Hälfte des Films etwas anstrengend und auch bei den Männercharakteren gibt es im Grunde nur den Good oder Bad Guy. Entweder sind sie Betrüger und arrogante Schnösel, so beispielsweise Alexander Schubert als ekelhafter Chef der Kanzlei, oder so perfekt, dass es wieder unheimlich ist. Dazu kommt der Charakter von Elyas M’Barek: Da er nach einer Kinderstarkarriere in der Drogenszene landete, ist er das Bad Boy Paradebeispiel.

Die zweite und deutlich bessere Hälfte des Films profitiert dann davon, dass sich hier die Creme de la Creme der deutschen Film- und Fernsehindustrie versammelt. Es gibt eine ganze Reihe überzeugender Momente in Traumfrauen, die nicht erzwungen lustig sind, sondern tatsächlich romantisch und stark.

So sorgen Elyas M’Barek und Hannah Herzsprung für echte Emotionen und Karoline Herfurth fährt aus ihrer dauerzweifelnden Haut heraus. Iris Berben schlüpft in dem Film aus ihrer gewohnten Rolle und sorgt als Mutter für die meisten Lacher innerhalb des Frauenquartetts.

Nach der zuerst ermüdenden Aneinanderreihung von Sketchen und dem aufdringlichen Product-Placement entwickelt sich die zweite Hälfte des Films zu einem unterhaltsamen und gefühlvollen Porträt der vier Großstädterinnen, die auch nach all den Enttäuschungen auf kleine Wunder hoffen. Dennoch hat man alles schon einmal gesehen: Gängige Geschichte, gängige Gesichter, in gängiger Art und Weise erzählt.

Doch zumindest ist es eine Geschichte, die immer wieder funktioniert. Traumfrauen ist Unterhaltung der leichteren Kost und kein herausragender Film, in seiner Gesamtheit ist er aber durchaus stimmig. Die klasse schauspielerische Darbietung trägt dazu bei, mit den obwohl klischeebeladenen Charakteren mitzufühlen. Und auch einige gute Lacher im zweiten Teil sorgen für ein abgerundetes Gesamtbild und machen Deckers Regiedebüt durchaus sehenswert.

Regie: Anika Decker
Drehbuch: Anika Decker
Musik: Jean Christoph
Darsteller: Hannah Herzsprung, Karoline Herfurth, Elyas M’Barek, Iris Berben, Palina Rojinski

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