Der Richter. Recht oder Ehre (2014) | Filmkritik

Der Richter. Recht oder Ehre

Nach dem Tod seiner Mutter kehrt der renommierte Großstadtanwalt Hank Palmer (Robert Downey Jr.) nach zwanzig Jahren erstmals zurück in seine Heimatstadt Carlinville.

Das Verhältnis mit seinem Vater ist zerstritten. Seine Mutter war die einzige, mit der er über die Jahre noch in Kontakt stand. Mit seiner Rückkehr tauchen die alten Konflikte in der Familie erneut auf und Hank will die Stadt so schnell wie möglich wieder verlassen.

Doch kurz vor seiner Abreise wird er zurückgerufen. Sein Vater (Robert Duvall), selbst seit 42 Jahren Richter in Carlinville, steht unter Anklage einen Mord begangen zu haben. Hank bleibt und verteidigt den Richter in dem Prozess, der bald auch Vater und Sohn mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Nach langer Zeit sehen wir Robert Downey Jr. mal wieder als ganz normalen Menschen über die Leinwand flimmern. Nicht als Superheld, der die Welt rettet oder als Meisterdetektiv, der einen schweren Fall löst. In dem Familiendrama Der Richter. Recht oder Ehre (Originaltitel: The Judge) erwartet seine Figur Hank Palmer die Rückkehr in eine Vergangenheit, die dieser lange verdrängt hat und am liebsten vergessen hätte.

Schauspieler Robert Duvall (Jack Reacher) bezeichnete den Film als „an actor’s film“ – ein Film, der vor allem vom Spiel seiner Darsteller getragen wird. Schauspielerisch agiert der Film in der Tat auf sehr hohem Niveau. Allen voran die Hauptdarsteller Robert Downey Jr. (Iron Man, Sherlock Holmes) und Robert Duvall, die sich als Vater und Sohn einen ebenbürtigen Schlagabtausch liefern. Drehbuchautor Bill Dubuque gibt zu, dass der Film sehr dialoglastig sei, man dies aber braucht, um die Beziehungen und Konflikte zu verstehen.

Der deutsche Beititel Recht oder Ehre (im Original doppeldeutig Defend Your Honor) beschreibt den außer familiären Hauptkonflikt des Films und stellt die Frage: Was ist wichtiger? Das Recht der Wahrheit oder die Aufrechterhaltung der eigenen Ehre? Das ist die Frage, die sich Richter Joseph Palmer beantworten muss. Duvall strahlt in seiner Rolle als Richter und Vater eine beeindruckend starke Autorität aus. Zwar ist schon früh klar, dass seine Figur im Unrecht ist, trotzdem gelingt es ihm den Zuschauer bis zum Ende des Films von seinem eigenen finalen Richterspruch abzuhalten.

Obwohl der Großteil des Films vor Gericht spielt, ist er kein Gerichtsdrama. Vielmehr versteht sich der Film als Familiendrama. Leider gelingt es dem Zuschauer aber nur schwer eine Beziehung zu den Charakteren aufzubauen. Hauptsächlich, weil es den Charakteren selbst schwerfällt miteinander klarzukommen. Die Handlung ist schlüssig und die Leistung der Schauspieler überzeugt, trotzdem fehlt der Punkt, an dem der Film den Zuschauer emotional abholt. So kommt es, dass der Zuschauer über die recht lange Dauer des Films – nämlich beachtliche 141 Minuten – zwar einem handwerklich einwandfreien Filmwerk zuschaut, aber nicht die Chance erhält sich selbst zu positionieren.

Durch diese gezwungenermaßen recht nüchterne Betrachtung erscheinen einige Szenen und Handlungen überflüssig oder vorhersehbar. Die Geschichte zwischen Hank und seiner Jugendliebe Samantha (Vera Farmiga) dient lediglich zur Auflockerung, hat inhaltlich aber wenig für die restliche Handlung zu bieten. Genauso kommt es vor, dass der Zuschauer schon früh richtige Schlüsse zieht, der Film aber viel zu lange braucht um ebenfalls an diesen Punkt zu gelangen.

Viel Gefühl vermittelt der Soundtrack. Die Musik, unter anderem Bon Ivers „Holocene“, bestimmt im wahrsten Sinne des Wortes den Ton des Films. Tiefgehende Melodien bilden das emotionale Gegenstück zu den eher rationalen Geschehnissen vor Gericht. Gleichzeitig komplettieren eingängige Countrysongs das Bild der amerikanischen Kleinstadt.

Trotz der negativen Aspekte gelingt es Regisseur David Dobkin ein glaubhaftes Portrait einer Vater-Sohn-Beziehung zu zeichnen, in welchem Robert Downey Jr. und Robert Duvall mit ihren schauspielerischen Leistungen hervorstechen. Die Geschichte regt zum Nachdenken an und wirft die Frage auf, welchen Stellenwert bestimmte Rollen in der Gesellschaft haben und wie diese damit umgeht.

Der Richter. Recht oder Ehre ist ein teils emotionales Familiendrama, das mit seinen starken Darstellern punktet. Leider erfordert er mit seiner beachtlichen Laufzeit auch eine Menge Sitzfleisch und Konzentration – kein Film für jedermann.

Regie: David Dobkin
Drehbuch: Nick Schenk, Bill Dubuque
Musik: Thomas Newman
Darsteller: Robert Downey Jr., Robert Duvall, Vera Farmiga, Vincent D’Onofrio, Jeremy Strong, Dax Shepard, Billy Bob Thornton

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