London, 1880: Mortimer Granville (Hugh Dancy) ist ein junger und vor allem sehr fortschrittlicher Mediziner seiner Zeit. Wo andere noch versuchen mit Aderlass und dubiosen Mittelchen alle Krankheiten zu heilen, würde er gerne ein besonderes Augenmerk auf Hygiene legen. Die Entdeckung von Keimen ist noch nicht lange her und wird daher weiterhin stark angezweifelt. Granvilles Meinung ist aber, dass dies mit die wichtigste Entdeckung in der Medizin ist.
Gefangen in einer Zeit, in der Krankenhäuser noch bewusst eine enge Nachbarschaft zu Leichenhallen pflegen und Verbände zu wechseln als reinste Geldverschwendung angesehen wird, stößt er im spät-viktorianischen Königreich auf taube Ohren und schließlich kostet ihm sein junger Enthusiasmus auch noch seinen Job.
Der Einzige, der ein offenes Ohr für ihn hat, ist sein reicher und technikbegeisterter Freund Lord Edmund St. John-Smythe (großartig: Rupert Everett), der mit dieser nicht minder neumodischen Erfindung Elektrizität ein recht eigenwilliges Hobby gefunden hat. Er würde Granville auch Geld leihen, eine Menge Geld, das ein deutlich stressfreieres Leben bedeuten könnte. Doch Granville lehnt ebenso hartnäckig ab, wie der Lord es ihm anbietet. Für den notorisch unterbeschäftigten Edmund ist die Arbeitsbesessenheit seines jungen Freundes kaum nachvollziehbar.
Mortimer Granville ist aber entschlossen nicht aufzugeben und begibt sich auf eine sich recht schwierig gestaltende Jobsuche. Bis er schließlich auf Dr. Robert Dalrymple (Jonathan Pryce) trifft, einen Spezialisten auf dem Gebiet der Hysterie. Zu seinen Patienten zählen Frauen aller Altersklassen, die sich seine Behandlung leisten können. Hysterie, eine Krankheit der Frauen, ausgelöst durch die Gebärmutter, äußert sich in nervösen Zuständen, Reizbarkeit und Flüssigkeitsabsonderung der Vulva. So ist Dr. Dalrymples Behandlungsmethode die Manipulation des intimen Bereiches der Frau, die zur Auslösung eines Krampfanfalls führen soll. Seine Praxis boomt, er hat, im wörtlichsten Sinne, alle Hände voll zu tun und ist daher mehr als dankbar für einen jungen Assistenten.
Granville zieht bei Dalrymple ein und trifft auf die Töchter des Doktors, Emily und Charlotte Dalrymple (Felicity Jones und Maggie Gyllenhaal), die gegensätzlicher nicht sein könnten. Während Emily angepasst den Wünschen ihres Vaters folgend Chopin spielt und Phrenologie studiert, hat sich Charlotte den Zielen der Suffragetten verschrieben.
Sie plädiert nicht nur für bedingungslose Gleichberechtigung, sondern leitet auch noch eine wohltätige Bildungseinrichtung für Kinder und schert sich recht wenig um die von der Gesellschaft geforderten Konventionen.
Alles läuft so, wie es soll und auch mit Emily versteht sich Granville ausgesprochen gut, bis er schließlich physisch an seine Grenzen stößt. Die intensive Handarbeit fordert ihren Tribut, seine Arbeitshand ist nicht mehr einsetzbar und so bleiben die ersten, erwarteten Krampfanfälle aus. Untragbar für eine Praxis, die so vom Erfolg ihrer Ärzte abhängig ist, setzt Dr. Dalrympel den erschöpften Mortimer wieder auf die Straße.
Zuflucht findet er bei seinem alten Freund, dem chronisch gelangweilten Lord, und kommt bei der Begutachtung dessen neuester Erfindung mit ihm zusammen auf eine Idee, die die Welt nachhaltig verändern wird.
Die Erfindung des Vibrators zu erzählen ist mutig, denn wie geht man so ein Thema an ohne dabei in eine sehr fragwürdige Geschichte zu rutschen? Die Antwort auf diese Frage liefert Tanya Wexler mit ihrem dritten Werk In guten Händen. Der Originaltitel, das sei hierbei einmal angemerkt, ist Hysteria und bei aller Fragwürdigkeit deutscher Titelübersetzungen ist diese hier zwar sehr weit vom Ursprung entfernt, entlockt dem deutschen Zuschauer dann im Nachhinein doch ein gewaltiges Schmunzeln.
Humor, Leichtigkeit und die naiv-unschuldige Sichtweise der weiblichen Sexualität der damaligen Zeit sind die Schlüsselelemente in diesem Film. Auf große Kontroversen wird verzichtet, die tiefschürfenden, psychologischen Ergründungen bleiben dem Zuschauer erspart und eine überspitzte, fast slapstickmäßig anmutende Umgangsweise lockert den Film deutlich auf.
Böse Zungen würden jetzt von Oberflächlichkeit reden. Würden die missachteten Konflikte bemängeln und den Film vielleicht sogar als weichgespült, beschönigt, eventuell albern und anspruchslos bezeichnen. Vielleicht auch ungenutzten Potenzial anprangern.
Ganz unberechtigt ist dieser Einwand nicht, kann diesem Film aber in meinen Augen nicht zur Last gelegt werden. Wer harten Tobak sucht, der findet in Filmen wie Eine dunkle Begierde seinen Stoff.
Finanziell war dieser Film eher ein Underdog und fristet deshalb auch ein recht trauriges, eher unbeachtetes Dasein. Bei den Kritikern findet man unterschiedlichste Meinungen; bei einem solchen Thema zum Teil bestimmt kulturell, mehr noch ideologisch begründet. In meinen Augen aber vor allem eine Frage der Erwartungshaltung. Dieser Film will lediglich erzählen und nicht mit der Moralkeule schwingen.Schauspielerisch tut sich vor allem Maggie Gyllenhaal hervor. Die Rolle der selbstbewussten, rebellierenden Frauenfigur scheint ihr wie auf den Leib geschrieben und ist ohne Zweifel auch der bei weitem interessanteste Charakter des Films. Fairerweise muss man aber auch zugeben, dass sie entsprechend viel Raum bekommt und dieser Eindruck zu erwarten ist.
Wäre auch schlecht, wenn sie sich gegenüber Nebenfiguren nicht absetzen könnte. Überfüllt mit komplizierten Lebensgeschichten würde dieser Film schlichtweg sowieso nicht mehr so funktionieren, wie er es nun einmal tut.
Hugh Dancy ist mit der Rolle des Frauenheldes bestens vertraut, konnte er sie schon in Shopaholic und dem Jane Austen Club überzeugend verkörpern, auch wenn die Bezeichnung Frauenheld, wie so vieles andere, bei diesem Film einen anderen Beigeschmack bekommt. Jonathan Pryce als Arzt bei zu dem die Frauen gerne kommen, macht – ganz wie erwartet – einen rundum wunderbaren Eindruck.
Eine wirklich schlechte Leistung an der man Anstoß nehmen könnte, gibt der Film eigentlich nicht her. Die Schauspieler erledigen einen guten Job, etwaige Mängel sind dem Drehbuch zur Last zu legen, sind aber meines Erachtens genau so gewollt.
Mit einer angemessenen Erwartungshaltung ist In guten Händen leichte, humorvolle Unterhaltung über ein auch heute noch nicht vollends abgeschlossenes Thema. Wäre das Thema nicht so schwierig zu erklären, würde ich ihn uneingeschränkt als Familienfilm empfehlen. Der Charme des Films und die humoristische Seite findet nicht allein auf der Leinwand statt, sondern auch in der Reaktion und Interpretation des wissenden Zuschauers.
Regie: Tanya Wexler
Drehbuch: Stephen Dyer, Jonah Lisa Dyer, Howard Gensler
Musik: Gast Waltzing
Schauspieler: Hugh Dancy, Maggie Gyllenhaal, Jonathan Pryce, Felicity Jones, Rupert Everett, Ashley Jensen, Sheridan Smith, Gemma Jones